Sonntag, 21. Mai 2017
immer noch am Anfang
Sie erwacht und spürt die bedrückende Einsamkeit. Es geht ihr nicht sehr gut. Gestern konnte sie länger mit ihrer Schwester sprechen und sich gut öffnen, die Dinge beim Namen nennen, reflektieren.

Später fängt sie an, ihr Alleinsein und ihr Unwohlsein als Chance zu sehen.

Chance auf eine größere innere Freiheit und Chance auf mehr Persönlichkeit. Einfach irgendjemanden an ihre Seite zu holen ist absolut keine Option.

Plötzlich fällt eine Erinnerung in ihr Gehirn: sie gemeinsam mit dem Mann, den sie lange verlassen hat, an einem tiefgründigen, geheimnisvollen Waldsee, umsäumt von duftigen Nadelbäumen, einer märchenhaften Atmosphäre, unbedarftem Vogelsingen.

Das liegt hinter ihr. Was liegt vor ihr? Was ist der Grund, die Berechtigung, das Ziel ihres Weges? Wie lange geht sie schon voran, ohne die geringste Idee einer Richtung und einer Bestimmung. Wann wird sie sehen?

Für heute nimmt sie erstmal die Aufgaben dieses Tages an. Morgen wird man weitersehen. Alles geht unendlich langsam. Ein wenig fürchtet sie, dass es gar keinen Weg gibt, den sie gehen kann. Dass sie haltlos im Gewirr der Schicksale hängt und vom Wind der Planlosigkeit einfach hin und hergebeutelt wird.

Sie fühlt sich klein, machtlos, ohne große Einflussmöglichkeit. Sie lässt das Gefühl zu, versucht es nicht zu ändern, und beginnt ihre Arbeit, die sie sich vorgenommen hat.

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