Freitag, 26. Juli 2024
Katzenzeit
Ein unaufgeregter Morgen zieht sie sanft aus der Nacht hervor, die sie durchgeschlafen hat. Mit noch halb schlafenden Sinnen feuert sie an, gießt brühende Lauge in den Waschzuber für das Linnen der Arbeitswoche, nimmt sich Kaffee und kuschelt sich mit hochgezogenen Knien auf die Bank.
Feine Wasserfäden fallen senkrecht vom Himmel, ein sehr leises Rauschen erfüllt die Hütte durch die weit geöffneten Fenster.
Des Wolfes Ankunft erfolgt nicht, obwohl er so gesprochen hatte. Es schmerzt nicht, sie fühlt sich zuversichtlich und sicher.

Vielleicht wird er eines Tages nicht mehr kommen. Die Vergangenheit ist bereits jetzt fest verankert und verwachsen.

Die Zeit verweilt und bleibt für einen Moment still stehen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 21. Juli 2024
eine Liebe
Sie gleitet in den Morgen, und der Morgen gleitet in sie. Sie liebt diese ruhigen fließenden Stunden, in denen die Dinge mit allen Dingen verbunden sind, und sie dazugehört zu diesen Dingen. Zwar hat sie Pflichten an diesem Tag, aber am Folgetag nicht, und noch weiß sie nicht, dass er ihre Pläne verwirbeln wird.
Kaffee erweckt ihre Sinne, sie werkelt in der Küche und backt einen großen Obstkuchen, mit vielen süßen Streuseln darauf, schwitzt beim Anfeuern und schiebt ihn in den Ofen. Dann, noch in altem Gewand, zieht es sie nach draußen, zu den Ufern des frischenden Flusses hin, es ist bereits heiß.
Erhitzt kehrt sie zurück und erkennt von weitem schon seine Ankunft.
Er nimmt sie mit seinem weisen Lächeln in Empfang, lässt sie aus zur Wasserschüssel hin, erlaubt dann aber keine Freiräume mehr, und bewegt sich sicher und geschickt.

Sie muss sich nicht entscheiden, nicht folgen, nicht denken, alles ist einfach, sie wechseln übergangslos in ihre Welt. Er hält sie zärtlich, lange, verlässt sie nicht, umwirbt sie auch hinterher, wohl wissend, dass kein Werben nötig ist.

Später vergisst sie jede Zeit und schreckt hoch. Unter seinen Augen wäscht sie sich und kleidet sich frisch ein, verlässt die Hütte mit Kuchen und Wein für das Mütterchen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 20. Juli 2024
Menschsein
Es geht ihr schlecht und auch wiederum nicht. Sie hat leidlich geschlafen in der Hitze, ihr Kopf schmerzt - aber sie hat geschlafen, und: ihr Idyll hält und stärkt sie.

Trunken tappt sie zum Feuer, bald siedet das klare Quellwasser für den geliebten, tiefschwarzen Kaffee.

Er fehlt ihr auf eine süße, leichte Weise. Sie ist sicher, bald wird er in ihren Armen liegen, und sie in seinen. Alles ist richtig, und besonders ist sie froh über seine Richtigkeit. Die Besonderheit der Projektion schießt ihr durch den Kopf und sie lächelt.

Vor der Hütte schnattert eine Drossel.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 19. Juli 2024
Yin und Yang
Sein wissender Blick streift ihre Gestalt, harmonisch gehen sie miteinander um. Ihre Schritte sind fest und sicher, es gelten ihre Natur und Gesetze, in ihrem Wolfs- und Katzenland.

Erst kürzlich riet sie einem jungen Mädchen, die Wahrheit immer tief in sich selbst zu suchen, und auch sie selbst folgt ihrem eigenen Hinweis, und findet sie, die Güte und deren Realität, in der Anderwelt.

Wolfes Bewegungen zeigen geschäftige Gewohnheit, und er vergisst niemals, sie zu herzen, aufmerksam zu betrachten, etwas Neues zu entdecken.

Die Katze gewährt ihm Zutritt und betrachtet ihr Leben und das verwunderliche Glück.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 3. Juli 2024
verschwundene Bilder
Längst ist sie keine Katzenprinzessin mehr. Viel Zeit, viel Zeit ist vergangen.
Wolf und Katze liegen nah zusammen, vertraut, innig, liebend, wild. Trunken lässt er sie zurück, still, befriedet, sicher.
Sie vertrauen sich ihre verborgensten Geheimnisse an, studieren sich, diskutieren, preschen voran, fallen zurück, wartend, lächeln leise und lachen zuweilen laut.
Alle Küsse gelten für den Moment und für die Ewigkeit.

Nachts facht sie die Glut erneut an, so ruhen sie nackt in nur feinen Leinen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 20. Mai 2024
Zäsur
Sie erreicht das Langhaus der ehemaligen Familie, das sie, die Söhnerin, einst verließ. Dort verdunkelt die schwarze Nachricht alle Fenster, und sie ist froh, grade jetzt eingetroffen zu sein.
Ein langer Tag bricht an. Leichenhemd und letzte Dinge werden zusammengetragen, ein letzter Dank und Kuss begleiten den Aufbruch des Schwähers, der Bestatter wird gerufen; kleine Depeschen mit Todesnachrichten lösen sich nur zögerlich, jede einzelne sorgsam bedacht, betrauert und lang zurückgehalten.

Spät, sie sitzen im leeren Haus, spricht er es aus. Eine Ära geht zuende. Sie entfleucht, sanft, hintergründig, mit Macht, unaufhaltsam, unumkehrbar. Was wird nun Rahmen geben, wo die Alten, Sicheren, Sichernden, weg sind? Die Dinge sich rasend schnell ändern werden, verschwinden werden?
Sie sitzen am schweren hölzernen Tisch, so wie tausend Mal zuvor, still, ohne Antwort, ohne Resonanz. Der Vater ist auf der Reise, der letzten, die ihn mit der Mutter zusammenbringen wird. Sie bleiben allein zurück.

Sie verbringen viel Zeit miteinander, manchmal schwelgend, und auch schweigend. Eine heilige Zeit, aus der alle ausgeschlossen sind. Einen Tag pflanzen sie frische Blumen und säubern den Hof, später geht sie zur Grabstätte der muoter, legt einen blühenden Zweig auf das kalte erdige Dach.

Am Nachmittag nehmen sie Platz am Stammplatz der Sippe, an der sie bald 100 Jahre gesessen haben. Ein ewiges Licht beleuchtet die Liturgie, sie reichen sich feines Gebäck und starken Kaffee, sitzen da, als wären sie selbst die Alten.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 4. Mai 2024
Allein sein
Ein Besuch beim Barbier beschert ihr ein paar freie Tage in der Hütte. Ein sauberer kunstvoller Eingriff, ein fester Verband, etwas Schonung, sie erträgt alles gut und ist schnell wieder auf den Beinen, so, wie sie es von sich kennt und erwartet.
Die Tage in Clausur haben ihre Wirkung, und sie spürt: sie muss und sie will mehr allein sein.

Am fünften Tag, der frühsommerlich und frei vor ihr liegt, liebt sie die Langsamkeit der Zeit. Sie verräumt das Geschirr vom Vortag, kocht sich starken schwarzen Kaffee, trinkt ihn vorsichtig in kleinen Schlückchen, und plant einen Marsch in die Welt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 26. April 2024
Wolfskatze
Sie erwacht, die Wolfskatze.

Weit draußen, die Welt zurückgedrängt, spürt sie ihren eigenen Geist, ihren wahrhaftigen Kern, denkt ihre Gedanken und sieht ihr Herz. Heil und zufrieden neigt sie ihren Kopf, sendet das Gute hinaus zu den Zielen derer Bestimmung, sieht nicht hinterher, steht auf, feuert an, kocht schwarzen, starken Kaffee.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 26. Februar 2024
Wolfsliebe
Sie fliegen einander zu, federleicht, ohne Minuten, ohne Raster; Wolfsliebe.

Sie erzählt ihm von Liebe, vom Vermissen, das bereits einsetzt, wenn das Herz noch gar nicht gegangen ist.

Er gibt sich ihr hin.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 17. Februar 2024
Lieber Gott
Danke für einen immer noch starken und gesunden Körper
danke für ausdauernde, kräftige Beine
danke für die warme, heimelige, schützende Hütte
danke für das tägliche frische, gesunde Essen
danke für die wunderbaren Kinder
danke für eine präsente, zugewandte, große Familie
danke für die echten Freunde und lieben Menschen in der Nähe
danke für die sichernden Vorräte und Rücklagen
danke für die lehrreichen und fordernden Aufgaben
danke für die Welt und die Natur
danke für die Gemeinschaft, die den Frieden will, entstehen lässt und fest verteidigt
danke für Dich und die Anderwelt
danke für den Wolf

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 3. Februar 2024
banger Blick und kleines Kätzchen
Es ist noch hell, da füllt er plötzlich den Türrahmen aus. Groß, stark, er überfällt sie, drängt sie zu seinen Zielen hin, sie findet sich zurecht in seinem Tempo und Vorhaben. Sie freut sich sehr über ihn, und da ist noch etwas anderes, das sie beide nicht bemerken.

Ein liebevoll und unbedacht dahingesagter Satz löst in ihr das Sehen aus, sie fühlt sich übel und klein. Sie sprechen darüber, sie verbirgt nichts vor ihm, er hält sie zärtlich. Und ändert die Geschehnisse. Sie liegen zusammen, nah aneinander und beieinander. Er sucht ihre Schwingung, legt sich ein weiteres Mal zu ihr, näher, und stellt das Besondere her, für einen langen Liebesmoment.

Später spricht sie seine Sprache, nach seinen Hinweisen, igelt sich ein in einer beschützten Nacht, und streicht ihn weg für eine Heilung.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 28. Januar 2024
durchlässig
Sie ist klein. Die Seelenhaut feenhaft, gesenkte Blicke, verzagtes Herz, froh über Gottes Hand und seine verborgenen Häfen.

Bereits früh steht sie auf, feuert kräftig an, nimmt alle Linnen vom Bett herunter, füllt heiße Waschlauge in den Zuber, hängt Decken und Felle in die kalte Nachtluft und kocht sich Kaffee.
Kein Mensch ist da, niemand ist zu fürchten, so sucht sie Erholung und Entlastung. Unschlüssig trinkt sie Kaffee und lauscht in die Nacht.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 24. Januar 2024
Feenfädchen
Endlich, endlich. Sie hatte ihn heiß ersehnt, Zweifel und Ängste verfingen sich in den Ecken aller Räume, endlich fegt er herein, mit kalten Fingerspitzen und eisigem Hauch im Tross. Beide sinken sie erschöpft und selig in ihre Welten, drängen sich eng aneinander, lösen ihre Lippen nicht. Es sind nur wenige Stunden, doch sie kosten geschickt alle Sekunden und Momente, liebkosen einander, sprechen über Neuigkeiten, alles wild durcheinander und ohne jede Struktur, nach ihren ureigenen Gesetzen, gleichzeitig archaisch und feiner als Feenfädchen. Er geizt mit allen Fristen, ordnet jede Weile ihrer Verbindung zu, verwehrt ihr jeden Raum und lässt sie nicht aus.
In sich gekehrt und voller Fülle geleitet sie ihn zum Wald hin, küsst ihn still und klug, und sendet ihm eine erste Nachricht, sobald er nicht mehr zu sehen ist.

Der Wolfsmond füllt sich.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 14. Januar 2024
matt
Müde und zerschlagen verharrt sie zwischen den schweren warmen Fellen, und kann dem Tag nicht folgen. Erst spät und mühsam steht sie auf. Ist sie nur schwach, oder greifen die Arme einer Krankheit nach ihr und drohen sie zu umfangen und hinabzuziehen.

Sie kocht Kaffee und wickelt sich ein in warme Plaids, einen warmen Stein aus der Glut zu ihren Füßen.

... link (0 Kommentare)   ... comment