Sonntag, 1. Januar 2023
Junges Jahr
Früh am jungfräulichen Morgen steht sie auf, tappt zur Feuerstelle hin, gießt alsbald heißen Kaffee auf, entzündet zum letzten Mal in diesem Winter die vielen heiligen Lichter und breitet sich mit ihren Dingen auf Bank und Tisch aus. Das Leuchten verbreitet Heimeligkeit und soviel Wärme, dass sie ein Fenster öffnen muss. Der Wind streicht gleichmäßig durch die Spitzen der hohen biegsamen Nadelbäume und sein Raunen dringt beruhigend in die Hütte ein.

Sie schreibt ein paar Grüße zum Neuen Jahr und legt getrocknete Blüten und zuweilen ein Bild bei. Es sind wenige Depeschen, die sie zu schreiben hat. Sie betrachet ihr Leben und seine Umstände, insbesondere seine Veränderungen. Manchmal ist sie etwas verunsichert deswegen, besorgt um sich selbst. Doch sie spürt deutlich die Richtigkeit der Dinge, das verlangsamte Geschehen, die bewusst zurückgeführten Begebenheiten und Abläufe, die Klausur und Stille. Alles ist genau richtig. Sie lebt das Leben, das sie möchte. Mehr noch, sie lebt ihr Leben nach ihren Wünsche und Träumen mehr denn jemals zuvor.
Sie weiß nicht, ob die vermehrte Ruhe dem steigenden Alter geschuldet ist oder bereits von jeher in ihr angelegt war und früher unbemerkt blieb, und sie hat auch keine Lust, weiterhin darüber nachzudenken. Ihre Füße sind kalt geworden und so wickelt sie sich einen heißen Stein ein und holt sich einen dritten Kaffee - Reichtum heißt in diesem Moment Zeit und Einlass in die vielen anderen Welten.

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Dienstag, 27. Dezember 2022
Erholung
Sie betritt die Rauhnacht, wieder und wieder, und wählt ihren Weg auch des Tags am Dorfe vorbei, durchwandert die friedliche Stille mit den vielen Lichtern, die zum Zeichen der Heiligkeit vor den Türen und in den Laibungen aufgestellt sind. Sie sucht die Ruhe und das Heil, die Heilung, und endlich, an diesem Morgen schläft sie lang in den Tag hinein.
Sie entzündet alle Lichter, kocht Kaffee, lässt sich nieder am schweren Tisch und auf der Holzbank, wickelt Füße und Beine in wollene Plaids, und malt sorgsam ihre Lettern auf das handgeschöpfte Papier.

Seine Nachricht im Weidenkorb zeigt ihr, dass er an sie denkt, sie nicht vergessen hat, und sie weiß: er wird zu ihr kommen.

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Montag, 26. Dezember 2022
frei und wild
Frei und wild, so ist sie. So will sie sein.

Lang bittet sie den Allmächtigen um Rat, um Sehen, fragt nach, inständig, mit verstelltem Blick. Und dann, endlich, erreichen Gottes Worte ihre Gedanken. Lapidar. Frei und wild.

Dies wird erst mit dem Vergang ihrer irdischen Heimstatt enden. Frei und wild.

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offene Fragen
Nach den geweihten Tagen ist sie verwirrt, ein wenig betreten, etwas haltlos. Ihr Kind kam zur Hütte, gemeinsam haben sie gegessen, ihre Seelen zu Füßen der Heiligkeit niedergelegt, die dunkle Rauhnacht betreten, sind heimgekehrt.

Ein ruhiges, kluges Gespräch am Morgen offenbart etwas, das sie schon lange fürchtet.
Wie sie damit umgehen soll, kann, weiß sie nicht.

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Samstag, 24. Dezember 2022
Heil der Nacht
Ein wenig schmerzen ihre Knochen; und auch die Seele ist nicht völlig unversehrt.
Früh morgens bereits wandert sie zum Dorf hin, zur Backstube, und lässt sich Laib und Backstücke geben. Erst dann kocht sie Kaffee und entzündet der Kerzen vier.

Eine vertraute Siedlerin kommt zur Hütte, legt Geselchtes und Schwammerln vor der Tür ab. Sie hört sie und eilt hinaus, herzt und drückt die Gefährtin und dankt gerührt.

Die Zeit wandert gemächlich und gleichmäßig ihren vorgezeichneten Weg entlang, und mit ihr ankommt mehr und mehr das Heil der Nacht.

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Freitag, 23. Dezember 2022
Neige
Sie träumt deutlich in dieser Rauhnacht. Weit vor dem Morgengrau verlässt sie die Schlafhöhle, öffnet die Fenster weit für die warme Winterluft, feuert an und kocht Kaffee, und notiert alle Details ihres Traums sorgfältig und genau.

Das neunte Wolfsjahr neigt sich zu seinem Ende hin. sie ist müde und tief dankbar.
In ihr keimt der Gedanke an eine solche Nachricht an ihn.

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Samstag, 17. Dezember 2022
erste rauhe Nacht
Ohne ihre Pflichten im Moor öffnet sich Raum für andere Werke. Zweimal streut sie Körner und Krumen für die Vögel aus, die flink jedesmal alles wegpicken. Der Frost hat das Leben fest im Griff, alles ist erstarrt und hält inne.

Sie schleppt Holz und feuert kräftig an, kocht und fertigt ein nahrhaftes Mal und bringt es dem kranken Mütterlein. Auch dort sorgt sie für ein fleißiges Herdfeuer, räumt und säubert die Wohnstatt, weicht und bleicht die Laken, und isst mit ihr gemeinsam die Speisen.
Vorsichtig bettet sie die Alte auf das frische, weiche Lager und tappt auf Zehenspitzen hinaus.

Nach ihrem Tagewerk ruht sie selbst ein wenig; wird sie doch heute die erste Rauhnacht begehen.
Spät, im Dunklen, legt sie sich wärmste Tücher und den wollenden Mantel um, hüllt auch Kopf und Hände ein. So verlässt sie die Hütte und stapft in die mystische Tiefe der rauhen Nacht.
Sie passiert die Siedlung und lässt die letzten Lichter schnell hinter sich, verschwindet in den Nebeln. Das unverdeckte Himmelszelt zeigt Schemen, Geister und die gereckten harten Arme der hölzernen Beobachter ihres Weges. Sie überlässt sich selbst der Anderwelt, wird aufgenommen und verschluckt und wird so eins mit allen Wesen hüben und drüben.

Gereinigt und bedeutungslos kehrt sie zurück, legt still die Kleidung ab und bettet sich im Nachtlager.

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Freitag, 16. Dezember 2022
Alte Wolfsliebe
Mit einer süßen Genesungskarte erkundigt er sich nach ihrer Gesundheit, nicht ohne neckischen Hinweis, dass er sich nicht angesteckt habe. Sie kennt ihn gut genug und ahnt seine Ankunft. Etwas aufgeregt und hektisch kritzelt sie eine Antwort, eilt heim, feuert an und wird dann ein wenig ruhiger.

Es dauert noch eine weitere Stunde, bis er sich leise nähert und eintritt in die heimelige Hütte, sich wie immer etwas umständlich das Schuhwerk säubert, es ordentlich an seinen Platz stellt, sich Mantel und Wams entledigt.... sie fliegt ihm entgegen und sofort verschwindet die Welt unbemerkt am Horizont ihrer Liebe.

Er gewährt ihnen viele Stunden. Sie erzählen sich ihre Freuden, sprechen auch über Sorgen, trösten und bestärken sich, liegen sich in den Armen, lieben sich, schlafen tiefumschlungen, nehmen ein gemeinsames Bad, treiben etwas Kurzweil.

Es ist schon tief in der Nacht. Warmer Kerzenschein taucht ihre Konturen in schemenhaftes Licht. Ein letztes Mal nähert er sich ihr; sie will ihn abwehren, schwach, verschwitzt. Er bittet sie nur mit seinem Blick, sie sehen sich an, die Münder berühren sich zu einem bewegungslosen Kuss, ihre Augen sind die Eintrittstüren für den jeweils anderen, ihre Vereinigung gewinnt die Hoheit über alles andere, bis er sie zeichnet. Unbeweglich, wundernehmend bleiben sie, wie sie sind. Fast unmerklich beginnt er, sie zärtlich zu küssen, erweckt sie beide, und sie gleiten zurück in die jetzige Welt. Noch vorher flüstert sie ihm ihr Glück zu, ernst, leise, deutlich.

Kein Verstehen, keine Berechtigung trägt ihre Verbindung. Eine mächtigere Kraft ist es, deren Namen niemand irdischem bekannt ist, sie weiß es.

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Freitag, 2. Dezember 2022
Wolfswärme
Sie sendet dem Wolf eine knappe Nachricht, ehrlich und kurz. Er antwortet schnell und in seiner Haltung wie gewohnt, mit Liebesgrüßen und Wärme. Als er erfährt, dass sie matt und elend ist, ist er besorgt.

Die Sonne neigt sich früh zum Tagesende hin. Noch vor ihrem Untergang steht er in der Hütte. Sie weicht etwas zurück, und wehrt ihn zu seinem Schutz ab.
Er jedoch gibt sich unbesorgt, hebt sie auf und trägt sie zum Lager, kocht und bringt ihr frischen Heiltee, bettet sie fürsorglich und warm, nimmt ihre Beine über seine Knie, redet sanft mit ihr, lenkt sie etwas ab, massiert liebevoll und langmütig ihre Füße.

Längst ist es dunkel, als er sich vorsichtig erhebt und leise den Heimweg antritt. Sie schläft wohlig ein.

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über Scham und die Entscheidung zu Mut
Sie ist krank, und etwas geschwächt. Bereits seit Tagen kocht und inhaliert sie Kräuter, gießt frische Sude zum Trinken auf und liegt viel.

An einem Morgen steht eine freundliche, rundliche Frau vor der Hütte und bittet um Gehör: Sie und ihre Sippe ziehen mit ihren Tieren umher, bieten Kurzweil und Zerstreuung mit allerlei Darbietungen an, und sie erbittet eine Gabe für ihre Tiere.
Sie erhält ein Säckchen Körner und eine Garbe Heu - mehr hat sie nicht bereit; dies gibt sie gern. Die Fremde bedenkt sie mit Gottes Segen, bedankt sich artig und zieht weiter.

Erst später am Tag kommen Gedanken zu ihr, dass sie die Reisenden gar nie gesehen oder bemerkt hat; nicht in der Siedlung, nicht auf den Feldern. Vielleicht hatte das Mütterlein gelogen? Je mehr sie darüber nachdenkt, um so sicherer wird sie: sie hatte vorschnell und zu Unrecht vertraut. Nicht die Körner oder das Rauhfutter drücken sie, aber etwas Ängstlichkeit über den eigentlichen Sinn des Besuchs und eine niederringende Scham über ihre unbedachte Reaktion. Ihr Impuls ist, die Begegnung zu verschweigen, doch das hilft nicht gegen die brennende Empfindung ihrer Dummheit.

Später, als sie sich zu Gesprächen und Öffentlichkeit entschieden hat, spürt sie, wieviel Mut sie hierfür aufbringen musste. Auch wenn sie es letztendlich gemeistert hat, stand davor die Überwindung der Schwachheit und es war alles andere als leicht und genehm.
In dieser Situation wird ihr klar, warum frühere Generationen - und Menschen im Allgemeinen - Verfehlungen kaum und nur sehr schwer eingestehen mögen. Sie überträgt ihr eigenes Gefühl von Unmündigkeit, Torheit und lausigem Versagen auf das Verhalten von Ablehnung und Verschlossenheit, das Menschen in weitaus einschneidenderen Zeiten gezeigt haben - und sie versteht.

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Samstag, 19. November 2022
ein Tag ein Tag ein Tag
Am Morgen erwacht sie ausgeschlafen und ruhig. Dunkelheit, starker Kaffee und ein paar Kerzen umhüllen sie mit Geborgenheit und Frieden.

Wie oft sendet sie einen festen Dank aus ihrer tiefsten Tiefe in die Weiten der Anderwelt. Sie spürt die Fülle und das Glück ihres Lebens und nimmt alles ehrfürchtig und freudig an.

Schriftsachen an liebe Menschen sind schnell erledigt, am blank gescheuerten Tisch, die Füße an heißen, grad aus dem Feuer geholten und in schützende Tücher und Decken gewickelten Steinen.

Sie startet in einen wundervollen Tag, mit Plänen und Aufgaben ihres Herzens.
Der Wolf war schon sehr lang nicht mehr bei ihr. Er fehlt ihr.

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Sonntag, 9. Oktober 2022
Gilbhart
Sie ist erstaunt, wie lange sie geschlafen hat; es ist bereits hell und der Tag hat längst begonnen. Besonders wundert sie sich über ihr spätes Erwachen, füllt der Mond sich doch mit all seiner Macht.
Sie tappt zum Abort, wäscht sich gründlich Hände und Gesicht, feuert an und kocht sich starken, schwarzen Kaffee.

An den weitgeöffneten Fenstern wandern tiefliegende Nebenschwaden vorbei, so denkt sie zuerst, und will dem frühherbstliche Phänomen huldigen. Doch der Geruch verrät: es ist Holzfeuerqualm, der vom Dorf herüberzieht, tief heruntergedrückt. Die Singvögel, die die ausgelegten Körner aufpicken, scheinen sie auszulachen, während sie schwatzend sich über das üppige Mahl hermachen.

Sie ist allein. Noch immer weilen Erschöpfung und Müdigkeit in Geist, Herz und Körper. Doch sie spürt sie schwinden, und fühlt Hoffnung und Zuversicht. Die morgendliche Stille, der Frieden, sie erfüllen sie mit Freude und Ruhe, und innerlich senkt sie ihren Kopf zum rituellen Gruß an die Welt.

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Samstag, 8. Oktober 2022
graue Gestalt
Erschöpft legt sie sich schon als es dunkel wird schlafen. Auch nach der guten, kräftebringenden Nacht sitzen ihr Arbeit und Aufgaben in den Knochen.
Sie denkt viel nach, stellt sich selbst betont an die Seite, wenn sie gedanklich verdorbene Schatten erkennt, und kann doch seiner Wirkung nicht ganz entgehen. Auch im Moor begegnen ihr solche Schlieren mit verhohlenen Versuchen der Untergrabung und Verunreinigung.
Sie spürt das Schlechte und will sich verschließen.

Am Herd fällt ihr auf, dass nichts für das Morgenritual bereit gestellt ist. Nur wenn sie die Grenze zur Entkräftung erreicht passiert dies, und das höchst selten. Sie zerdrückt und mörsert ein paar der schwarzen Bohnen, legt sie auf dem Boden des steinernen Krugs aus und begießt sie mit sprudelndem Wasser für einen herrlichen Sud.
Die Langsamkeit und das Bewusstsein von Boden und Substanz leiten und führen sie zurück in ihre Welt und Quellen.

Sie hat sich für eine kühle und harte Position und Forderung entschieden im Moor. Auch ein Gespräch mit dem Wolf hat sie beeinflusst. Manchmal mit Gefühlen von Unsicherheit und Schwäche ist sie im Großen Ganzen froh, sich aufrecht und fest gezeigt zu haben.

Einige Pflichten hält der Tag für sie bereit. Ihr Kind braucht ihren Schulterschluss, sie hat Pläne für ein Gericht, das sie nicht häufig kocht, und eine alte Mutter bereitet ihr Sorgen und Aufgaben.

Doch zuerst wird sie den Morgen eintreffen lassen, ruhig, still, friedlich, langsam. Sie tappt zur Feuerstelle hin, holt sich einen weiteren heißen, köstlichsten Kaffee und wickelt sich wieder ein in die warmen Decken und Felle.

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Sonntag, 2. Oktober 2022
eine Ameise
Sie erwacht früh, ausgeschlafen, und mit einem Gedanken für ihn. Nach der langen Wanderung gestern steht sie etwas steif auf, verräumt ordentlich alle liegengebliebenen Dinge, weicht Nacht- und Schlafwäsche in den Waschzuber ein, lässt sich - als alles sauber ist - mit dem Krug frischem starken Kaffee nieder und verfasst eine Nachricht an ihn mit ihren Gedanken und Wünschen.

Es geht ihr gut. Stille Eingebundenheit in die Geschichten und bunten, weichen Bänder des Universums hält sie sanft und vollkommen.

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Donnerstag, 29. September 2022
Folge
Er steht an ihrem Waschzuber, wie aus dem Nichts, und lacht sie an.
Sie lacht zurück.

Sie halten die Welt an. Lassen sich nieder, in weiche Felle und Decken.

Weiche Lippen berühren sich, die Zeit wird langsamer und langsamer und bleibt schließlich ebenfalls stehen. Nur er durchbricht die Zartheit, lehrt sie seinen Willen und seine Vorherrschaft. Sie lauscht dem Raunen der Töne, lächelt sanft, und macht sich dann auf, ihm hinterher.

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Samstag, 24. September 2022
Position
Es fällt ein leiser, feiner Regen, sein hintergründiges Zischen erfüllt die Welt und durch die weit geöffneten Fenster die Hütte. Die Luft ist noch warm, so dass sie kein Feuer entfacht.
Die Glut der Nacht reicht aus für heißes Wasser, aus dem sie sich den geliebten starken Sud braut.

Sie sitzt mit gekreuzten, nackten Beinen und einem leichten Plaid auf der mit Kissen und Fellen ausgelegten Bank, vor sich den dampfenden Krug, allein mit ihren Empfindungen. Wie bereits gestern morgen, als sie auch schon nicht ins Moor ging, nimmt sie ihr riesiges Glück und die allumfassende Fülle ihres Umfelds und ihrer Möglichkeiten wahr. Als jemand kürzlich das Thema aufbrachte, dachte sie anschließend darüber nach, ob sie gut sterben können wird.
Auch wenn sie ihre Lebensumstände liebt und genießt, auch wenn sie sich vom Herzen aus nicht vorstellen kann, sich von ihren Kindern loszureißen, glaubt sie, dass sie es schafft, sich in den Übergang zu fügen. Was wird danach sein? Wird der Kummer den Wechsel überdauern?
Sie weiß es nicht. Sie ist bereit und willens, das spürt sie.

Der Wolf fehlt ihr. Ohne die frühere Dramatik und ohne den schlimmen Druck der ersten Jahre spürt sie die Einzigartigkeit seiner Stellung in ihrem Herzen unverändert.
In den letzten Monaten konnte sie ihm nur einmal einen kleinen Laut - ein kurzer, emotionsloser Kommentar - entlocken, und auch sie verhält sich still. Täglich trägt sie sein Amulett, und täglich denkt sie an ihn, das ist noch nicht beendet.

Sie ist müde. Alle Pflichten und Mühen sind erledigt, die Zeit liegt geordnet und voller Chancen und Gabelungen vor ihr. Sie freut sich auf den Tag, sie ist froh über Stille und Leere und die Nichtanwesenheit von Menschen, nur den Wolf würde sie begrüßen, und das auch nur für eine begrenzte Zeit.
Es fällt ihr nicht schwer, auf diese begrenzte Zeit zu verzichten, so bemerkt sie plötzlich. Tatsächlich zucken ihre Schultern fast wie von allein, und ein winziges Lächeln bewegt die Winkel ihres Mundes - unmerklich für andere. Das Gefühl der Freundlichkeit und Freude setzt sich in ihrem Herzen, hält heiter und erwartungsvoll die Hand auf für Aufmerksamkeit und Zuwendung, und wie für einen Tee und Gebäck. Jetzt lächelt sie wirklich.

Der Kaffee hat sie erweckt. Sie gähnt und streckt sich, reibt sich über das Gesicht, und bleibt noch etwas sitzen.

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