Sonntag, 20. September 2020
Zeitzählen
Frieden. Ordnung. Heil. Morgensonnewärmelicht legt sich auf ihr Gesicht.

In der vorvergangenen Nacht verrichtete sie ihren Dienst in der Gemeinschaft, bringt Trost und Fürsorge an die Betten der Schwachen, Verletzten. Später schläft sie tief und gut und lässt die Zeit vorbeiziehen und findet Kraft und Stärke.

Still ist es um die Hütte, kein Klicken der Tür, niemand ist da. Ab und zu lauscht sie den Geräuschen. Es bleibt still.

Er hat sich erneut abgewendet, legt ein Schwert zwischen Vergangenheit und sie? Sie ist bereit, sich zu fügen, wie schon alle ungezählten Male.

Ihre Gedanken fliegen wie Töne in die Welt, treffen auf nichts, was ein Echo zurückwirft.

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Freitag, 18. September 2020
Schmerzen
Schmerzlich fühlt sie, dass er nicht da ist. Sie ist nicht allein, sie ist nicht einsam, er ist nicht da, sie fühlt die Schmerzen.

Sie fügt sich, ändert nichts.

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Samstag, 12. September 2020
Neige
Als es früh dämmert, zieht sie die Tür der Hütte zu, entzündet einige Lichter und gießt sich etwas feinen Rotwein ein.

Manchmal lauscht sie verstohlen.

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Pfeil
Die strahlende Sonne kündigt einen vollkommenen Spätsommertag an, sie durchdringt bestimmt den weißlichen Atem des Herbstes und behauptet ihr Vorrecht.

Die Wäsche dampft im Zuber, Körner, Nüsse und Mehl stehen bereit als Zutaten für das nächste Brot, der Ofen ist noch kalt.

Sie fühlt sich wie angelehnt an die Sehne eines Bogens, oder wie die Sehne selbst?, gespannt, schlank, bereit für ihre klare gezielte Reise in die lebendige Zukunft.

Sie wird den alten Gelehrten besuchen. Einmal war sie bereits dort, einen Kontrakt aushandeln für ein erneutes Studium. Sie freut sich darauf und genießt die Sinnlosigkeit und das Tun einfach um des Tuns willen.

Kein Wolf. Er fehlt und fehlt gleichzeitig nicht. Niemand anderes darf sich nähern.

Nun auf, auf zu allen Handgriffen, Gedanken und Wegen, sie lächelt und streckt sich kerzengerade.

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Mittwoch, 2. September 2020
seidene Hoheit
Erste unbeholfene Vorboten des Herbst strömen durch die weit geöffneten Fenster hinein. Die Vögel rezitieren die Sommertöne, als würde dieser niemals enden, die Sonne kämpft sich durch die milchige Luft. Winzige Tautropfen machen die über Grasbüschel gesponnene Netze sichtbar.

Sie sitzt beruhigt an ihrem gewohnten Platz, köstlichen, wohltuenden schwarzen Kaffee neben sich. Ja, sie ist allein, und das drückt zuweilen. Jedoch: einher mit der Alternative gehen auch Forderungen, zuweilen faule Kompromisse, Pflichten, Grenzen, Wehrhaftigkeit gegen Beherrschung.

Ihr Blick schweift zurück auf ihre Vita - ein schönes Leben, mit viel Glück, Liebe, auch Lasten, Irrungen. Sie begrüßt still die Freiheit, ihre Würde, die Hoheit, und arrangiert sich mit dem leeren Platz an ihrer Seite.

Im Jetzt. Niemand nimmt die Zukunft vorweg.

Im Geiste stellt sie das nächste Rezept zusammen. Fleißig hat sie bereits die Früchte des Jahres eingelagert. Der Duft eines köstlichen Pflaumenkuchens, gebacken mit grobem, vollem Mehl und den geernteten Nüssen durchzieht die Hütte.

Still begrüßt sie die Freiheit.

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Samstag, 29. August 2020
schwarze Tiefsee
In der Nacht träumt sie einen langen, detailreichen, umfangreichen Traum, mit einer hässlichen Episode mit dem Liebesmann. Sie verweist ihn des Hauses, und verwehrt ihm jeden weiteren Kontakt.
Noch viele andere Dinge durchlebt sie in ihrem Nachtgespinst.

Am Morgen sitzt ihr das Alleinsein, das Ungeschütztsein tief in den Knochen. Wie soll sie sich dazu stellen? Soll sie sich vor Augen führen, dass der Schutz eines anderen Menschen, einer Gemeinschaft doch nur Illusion ist?
Sie ist des Denkens müde und trinkt langsam und mühsam Kaffee.

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Freitag, 28. August 2020
Astronautin
Ein wenig müde, zufrieden, sitzt sie vor der Hütte, neben sich den stark aufgegossenen, frischen Kaffee. Es tut ihr gut, auf ihr Gartenwerk zu blicken, die erledigte Aufgabe zu betrachten. Sie genießt den Moment, das Ziehen ihrer Glieder, die ruhende Landschaft in ihrem Kopf, die Gesundheit, das Leben, die Anwesenheit von Zukunft.

Mehr ist es doch niemals, als Momente, solche und solche.

Ihre Erkenntnis liegt schon ein paar Jahre zurück, dass die als schlecht erlebten Augenblicke mindestens ebenso wertvoll sind wie die glücklichen, und oft sogar größeren Reichtum in sich bergen.
Sie fühlt, dass die Dinge ihres Herzens sie begleiten können, auch durch das Tor des Lebensendes.

Ein prüfender Blick gen Horizont, den leeren Horizont.

Sie bleibt sitzen.

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Donnerstag, 27. August 2020
Freiplatz
Eine hellgelbe, kühle Sonne eröffnet den Tag.

Sie ist zu alt für den Wunsch nach einen Blick in die Zukunft und jung genug, um mit der Unvernunft zu kokettieren.

Ein wenig fehlt er ihr schon.

Sie widersteht ihren Impulsen, nimmt sich Messer und Gartengeräte und betritt die Natur, das Leben.

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Mittwoch, 26. August 2020
Oasenzeit
Wilde Sturmböen jagen um die Hütte, die gesamte Nacht. Auch am Morgen lassen sie nicht nach und bringen die Baumkronen zum Rauschen, Singen, zuweilen tönt ein langgezogenes Jammern aus dem Wald herüber.

Es ist kalt, durch die weitgeöffneten Fenster wallt die frische Sommerluft herein, von Herbstgeruch noch keine Spur. Sie umwickelt ihre Füße mit wollenen Tüchern und Decken und trinkt den heißen schwarzen Aufweckkaffee in kleinen Schlucken.
Ihre Lebensgeister erwachen nur zögerlich, verhalten, und sie nimmt sich die Zeit. Zeit. Sie liegt vor ihr, wie ein Nebelmeer, ein Ende nicht in Sicht.

Vielleicht wird sie wandern gehen? Das Leben genießen, Schritt für Schritt, Mitglied im Club Natur, froh, dankbar, reich.

Sie erinnert lang zurückliegende, harsche Worte einer Frau, sogleich gefolgt von deren Abwenden, die sie anklagten, zu oft ihren Reichtum zu preisen und so innig zu genießen. Unehrlichkeit wurde Bezichtigungspunkt, und Falschheit, Schauspielerei.
Innerlich senkt sie den Kopf, öffnet die Hände und lässt los, nur den Streit, nicht die Verbundenheit.

Kein einziges Zeichen vom Liebesmann. Sie schaut gar nicht nach in dem Körbchen, in das er gelegentlich kleine Nachrichten legt, sie schaut nicht rein. Vielleicht wird er auftauchen, eintreten in die Hütte, ein Besucher ihres Herzens, vielleicht nicht. Sie fürchtet sich nicht. Manchmal fragt sie sich, ob er überhaupt noch ein Liebesmann ist? Die Antwort, so glaubt sie, ist 'ja', solange sie ihre Haut an seine schmiegen mag, seine Küsse ersehnt. Seine Küsse, die sie sich heimisch fühlen lassen.

Mit nackten Füßen zum Ofen hin tappsend holt sie sich einen weiteren Kaffee.

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Samstag, 15. August 2020
Zenit
Die Natur zeigt sich bereits vollständig sichtbar, dennoch ist es noch fast dunkel; in diese träge spätsommerliche Dämmerung gleitet sie am frühen Morgen. Es ist eine der herrlichsten Tageszeiten, die sie kennt, Krähen und Tauben kommunizieren geschäftig, Erntegeräusche dringen bis zur Hütte vor, gleichzeitig ist alles in Frieden und Stille gebettet - wunderbar.

Eine ihrer gestrigen Begegnungen sind von Freude und Liebe geprägt, sie berührt ihn, als niemand hinsieht, hastig und vertraut.

Abends verlässt sie Wald und Gemeinschaft für eine längere Sommerfrist. Sie liebt die freie Zeit und ihr Herz hüpft.

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Freitag, 7. August 2020
Küsse
Geschäftig geht sie hin und her, trägt Utensilien für die Tour der nächsten zwei Tage zusammen, Kräuter und Verbände für Wunden und Schrunden, ihr scharfes Messer, ein paar Geldstücke. Im Garten wässert sie die Pflanzen besonders sorgfältig, muss das labende Nass doch länger vorhalten als üblich.

Für die Vesper erntet sie eine Handvoll Tomaten, aus dem Fang hängt sie eine Rauchwurst ab.
Ein prüfender Blick in Richtung der untergehenden Sonne lässt die regenfreien Tage erwarten.

Über allem ruht ihr friedliches und ruhiges Herz. Er wohnt ihr bei, begleitet ihre Handgriffe, lächelt ihr zu, sanft.

Sein Kuss verblieb auf ihrer Haut.

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Mittwoch, 5. August 2020
sie liebt ihn
Ohne jede Ankündigung betritt er die Hütte, erscheint im Türrahmen der Stube, entledigt sich des verschwitzen Hemdes und schließt sie fest in seine Arme.

Er verbleibt lange, und ihre Körperlichkeit ist nicht das Wichtigste in ihren Stunden.

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Sonntag, 26. Juli 2020
im Himmel
Sie erwacht sehr früh. Als erstes geistert der Wolf durch ihre Gedanken, es ist schmerzfrei, und sie fragt sich, ob es an der vergangenen und heilenden Zeitspanne liegt, oder daran, dass er nicht ganz verlustig gegangen ist.
Eine Antwort kann sie nicht geben, allerdings ist sie ruhig und zufrieden, und das ist ihr Antwort genug.

Später realisiert sie - noch ist sie nicht mit allen Sinnen im Morgen angekommen - dass sie geträumt hat, und sie erinnert den gesamten Traum. Sie kocht sich Kaffee, setzt sich vor die weitgeöffneten Fenster, durch die das fließende Geräusch des Regens hineindringt und schreibt das Geträumte detaillreich auf: sie wird in den Himmel geführt, um dort ihre zukünftige Aufgabe zu erhalten.

In der vorvergangenen Nacht hatte sie für die Gemeinschaft gearbeitet, sicher rührt der Traum daher. Doch sie mag ihn und wertet ihn als willkommene Botschaft. Sie ist bereit.

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Sonntag, 19. Juli 2020
g l ü c k l i c h still
Erschöpft gibt sie dem Schlaf nach, der sich ihrer unnachgiebig und kraftvoll bemächtigt.

Bei ihrer Rückkehr neigt sich der Tag bereits dem langen warmen Sommerabend zu.

Er ist in ihrem Herzen zurückgeblieben, nichts von ihm ist gegangen, hat sie verlassen.

Sie liebt ihn unverändert auf die unspektakuläre Art, die sie bereits zu Beginn ihrer Geschichte selbst erstaunte und verwunderte.

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Reiter des Windes
Am späten Morgen erledigt sie - im Schneidersitz am Küchentisch - ihre persönliche Post, eine dampfende Brühe neben sich, als er überraschend eintrifft.

Sie nimmt wahr, wie sich ein Kreis schließt, das Leben sich abrundet, der ohnehin reiche Moment vollkommen wird.

Auf tragfähigem und verlässlichem Boden tapsen ihre nackten Füße durch die Hütte, und finden sich ihre Lippen und ihre Herzen. Gleichzeitig sind sie hier und dort, sowohl im Feenland wie auch in der hiesigen Sommerwelt, in der die Bienen summen und sich verirren und in der Zeiten und Diskrepanzen regieren. Zwei Kinder des Windes nehmen sich, was sie brauchen und wollen und geben sich, was sie geben möchten. Ihre Regeln gestalten bestimmt die Geschehnisse.

Sie gibt sich ihm völlig hin, und er gibt sich ihr hin.

Wehmut ist nicht dabei, als er geht.

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Freitag, 17. Juli 2020
Matt und ohne Sehnsucht
Ein Tag ist lang, ermüdend, erfüllend. Sie kehrt heim, in die geliebte, freundliche Hütte.

Zum ersten Mal ersehnt sie ihn nicht herbei; nicht zurück. Käme er jetzt, wäre es ihr eine Last.

Er kommt nicht. Sie verkrümelt sich frei und ermattet in die behütende, geordnete, klare Nacht.

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