Montag, 1. Januar 2018
neue Zeit
Da ist es, das Neue Jahr, und zieht sie unerbittlich aus dem Schlaf, schon in der Früh. Sie kleidet sich an, geht etwas verloren in der Hütte hin und her, tritt dann hinaus in die jungfräuliche Zeit.
Der Wind rauscht und pfeift durch die Baumwipfel, nicht bedrohlich, doch Gewalt und Kraft demonstrierend, als wollte er singen ....ich könnte, wenn ich nur wollte...

Sie macht sich auf zum Grab der Füchsin.

Zur Vorbereitung und Reinigung war sie gestern Nacht zum Heiligen Ort gepilgert. Stunden hatte sie gewartet, bis sie eingelassen wurde. Die erhabenen Menschen nahmen sie in ihre Mitte und führten sie unter die sakrale Kuppel, ließen sie teilhaben und gar teilnehmen an ihrer Stimme, der einen. Sie trugen ihre Worte vor und sie wurde erfasst von dem göttlichen Glanz und davongetragen in das unendliche Bewusstsein. Überrascht von der Fülle und Macht ging sie ganz darin auf.

Sie findet die Ruhestatt des Fuchses sicher im dunklen Dickicht. Vorsichtig und liebevoll bringt sie ihm einen neuen Fels und eine kleine Fliese, die sie vor Zeiten an diesem Ort gefunden hat. Verbunden mit seinem Geist wendet sie sich zurück dem Leben zu und stapft durch das nasse, hohe Laub gen Heimat. Die Luft ist warm und ohne Versprechen, kein Licht ist zu sehen.

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Sonntag, 31. Dezember 2017
leeres Herz?
Sie hatte einen fremden Mann getroffen, auf ein Getränk und ein paar Worte. Der Kontakt tat ihr gut, sie verstanden sich und sie genoss ihr eigenes Lächeln.

Ihr Herz blieb völlig unberührt. Leerte es sich zusehends?

Abends war sie aus mit ihrem Lebensmann. Mit ihm war sie nach wie vor innig und fest verbunden; von ihrem Liebesherzen war er weit entfernt.

Auch Hals und Brust bleiben frei. Stolz und aufgerichtet trägt sie ihr Haupt, mit gesenktem Blick.

Sie schafft es nicht, zu beten, schon seit geraumer Zeit nicht. Sie findet nicht den Weg, und die richtigen Worte wollen ihr nicht einfallen. Sie wartet - auf den Jahreswechsel, auf etwas, das sie berührt, das ihr Leben erweckt, Töne und Farben zurückholt.

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Samstag, 30. Dezember 2017
geordnet
Aufgeräumt streicht sie sich die Kleider glatt. Alles ist geordnet. Sie ist bereit für den Wechsel der Jahre.

Den Tumulten wird sie entgehen, sie wird sich zeitig in die Stille der heiligen Gemeinschaft zurückziehen. Und noch dort ist es ihr oft zu laut und turbulent.

Sie freut sich auf den gnädigen und segnenden Blick der Heiligkeit und macht sich auf zu einem letzten Besuch im alten Jahr.

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Dienstag, 26. Dezember 2017
lichte Hoffnung
In manchen Momenten kommt sie gut mit seiner Abwesenheit zurecht.

Dann singt und lockt die Zukunft mit einer süßen Meldodie. Sie lächelt und summt zufrieden vor sich hin. Sie wird kommen, die Zukunft.

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besetzte Seite
Wie jetzt jeden Morgen erwacht sie umgeben von Frieden und Glück, Arglosigkeit und Offenheit im Herzen, und eine Sekunde nach Eintreffen des Bewusstseins durchfährt sie der Einfall: 'Er ist nicht bei Dir. Er ist nicht da und wird nicht kommen. Er will Dich nicht. Nichts, absolut nichts will er mit und von Dir.'

Schön längst hat dieser Gedanke seine Tiefe und den ganz großen Schmerz verloren - auf ihren Befehl hin. Es ist bereits ein unwiderruflich geschehender Automatismus, dass er in seine Schranken verschwindet, sobald sie ihn denkt.

Sie steht auf und geht energielos zum Feuer, schürt an für den heißen schwarzen Lebensbringer. Die Vögel vergisst sie erst, auch die Abwesenheit des Fuchses.

Später, nach ein paar Schlucken - es ist, als ob der heiße Kaffee in ihre Adern gelangt und auf diese Weise Körper und Geist mit Erwachen versorgt werden - füttert sie die Vögel.
In der heiligen Nacht war sie mit ihrem Kind zur Ruhestätte des Fuchses gewandert, und hatte sie im Dunkel und Dickicht nicht gefunden. Das wird sie heute morgen nachholen. In drei Tagen wird sein erster Todestag sein.

Mit ihrem Kind hatte sie gesprochen. Es ist nicht selbstverständlich und muss gelernt werden, die eigenen Kräfte kennenzulernen und treffend auszuwählen, was man tun möchte. Sie lächelt.

Es tut ihr gut, zu lächeln.

Noch einmal denkt sie über die Diskrepanz nach, dass sie ihn liebt und sich gleichzeitig einen Partner an die Seite wünscht, nicht gern allein ist.

Da die Seite besetzt ist, bleibt sie allein.

Der Rest ihres Gehirns ist erwacht, ihre Glieder werden zusehends geschmeidig, es drängt sie ins Leben und gern gibt sie nach.

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Montag, 25. Dezember 2017
er hat sie verlassen

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Was tun?
Sie sitzt allein am Tisch. Das Feuer prasselt und wärmt, und ist das einzige Geräusch in der Stille.
Eine schöne Heilige Nacht liegt hinter ihr, ihr Kind ist soeben wieder heimwärts aufgebrochen.

Sie ist allein. Gut gerüstet für das Alleinsein denkt sie an die Zukunft. Fad. Etwas einsam. Soll sie sich mit dem Gedanken versöhnen? Etwas anderes erhoffen? Resignieren? Das Leben füllen oder leeren?

Gedankenverloren streckt sie ihre Füße in Richtung der Flammen und bewegt die Zehen hin und her.

Ein hellblauer Schleiher liegt auf ihrem Herzen, mehr grau als licht.


Edit: Ihm gewährt sie keinen Einlass in ihre Gedanken. Sie wundert sich, ob ihre Sehnsucht nach ihm wohl dem Alleinsein geschuldet ist oder sich tatsächlich auf ihn bezieht? Deutlich ist in jedem Fall, dass wegen ihm kein Anderer ihren Blick erhalten kann. Wieder wackelt sie mit ihren Zehen.

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Samstag, 23. Dezember 2017
ein heiliger Hauch
Langsam geht es ihr besser. Die Hütte strahlt und glänzt, sie spürt die vielen Engel, die um das Gebäude streichen und es mit Segen und Vollkommenheit versehen. Der eine oder andere kommt direkt zu ihr und bringt güldene Gaben, Zufriedenheit und ein leuchtendes Quentchen vom Ganzen.

In diesem Jahr tut sie nicht viel. In der letzten Weihnacht strich der Fuchs um ihre Beine. In der heiligen Nacht wird sie seine Seele suchen und der Fuchs wird die ihre finden.

Alle Tage danach liegen wie leere Blätter herum.

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Wunder
Der Schutz der Hütte hat sich komplett um sie geschlossen. Sie lässt alle Hüllen fallen, entzündet viele Lichter, genießt ihren Kaffee.

Sie spürt ihre Trauer, gewährt ihr ihren Raum, und wendet sich im Anschluss anderen Dingen zu.

Der Baum. Das Wunder. Es ist möglich, es könnte kommen. Still und rein beginnt sie, zu arbeiten.

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Freitag, 22. Dezember 2017
flüchtige Seelen
Als sie das zweite Mal heimkommt, nimmt die Hütte sie gnädig in Empfang.

Die Vögel haben von ihrem Futter liegen gelassen, sie sind verschwunden, an einen anderen Ort. Ihre Seelen zwitschern aufgedreht herum, sie schlagen mit den Flügeln und fliegen quirlig auf und ab.

Sie entzündet alle Lichter und beginnt zu kochen.

Die Einsamkeit drückt fest auf ihren Mut.

Ein scheues Rotkehlchen findet den Weg in die Futterstelle. Normal pickt es zaghaft die heruntergefallenen Körner, mit sicherem Abstand vom unruhigen Treiben. Nun sitzt es nah am Getreide, beäugt sie ängstlich, und frisst dann nervös, ein Korn und noch eins.

Sie rührt sich nicht. Sie sind beide still, das Rotkehlchen und sie.

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Härte
Die Realität trifft sie unbarmherzig und hart. Schutz- und wehrlos sieht sie den kalten Blick der Wahrheit auf sich ruhen, hält nur mit Mühe stand, schilt missbilligend sich selbst. Tränen rollen über ihr einsames Gesicht, schnell wischt sie sie weg und verlässt die Hütte. Kein Wunder in Sicht.

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leere Hände
Es geht ihr nicht so gut und gleichzeitig gibt es die guten Dinge. Sie konzentriert sich auf ihren Grund, und der ist tragfähig und schön wie eh und je.

Drei dicke, dunkelrote Stumpen verströmen Gottes Frieden und Verlässlichkeit. Ihre Hütte ist warm und still, das Knistern des Feuers flüstert und murmelt beruhigende und mutvolle Worte. Die Dunkelheit umrundet ihre Hütte und wehrt Besucher und Unbill sicher ab.

Sie holt sich eine weitere Tasse heißen, tiefschwarzen Kaffee, legt ihre Gedanken geordnet vor sich hin, sortiert sie hier und da um, schiebt das Ende immer mal wieder ein Stückchen nach vorn, und wartet. Auf Regeneration. Auf das Feuer und ihren Willen, der irgendwann wieder erwachen wird.

Bis dahin pflegt sie sich aufmerksam, sammelt jedes noch so kleine Zweiglein ihrer Stärke sorgsfältig auf, fordert sich nicht, lässt ihre Gedanken durch ihren Kopf gleiten, manchmal wie nebenbei ordnend eingreifend, Mutter und Tochter zugleich.

Einmal beäugt sie neugierig einen Plan, und belässt es dann dabei.


Den Menschen, die sie während des Tages trifft, trägt sie wortlos Gottes Segen weiter, den Kopf teilend neigend, mit sonst leeren Händen, dieses Jahr.

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Mittwoch, 20. Dezember 2017
Abkehr
Arbeitsfreie Tage liegen vor ihr. Sie genießt die Freiheit, Freiheit, Freiheit.

Die Schnitte der Vergangenheit nässen noch, doch es ist keine Katastrophe. Sie hat beschlossen, die eine Gemeinschaft zu verlassen, und damit auch ihn. Es sind zwei verschiedene Geschichten; sie genießt die Freiheit.

Ihre Bewegungen gelingen langsam, sie schont und salbt sich selbst. Eine stockende Geburt.

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Samstag, 16. Dezember 2017
Wohin?
Nach einer entsetzlichen Woche erwacht sie ausgeschlafen. Ihre Sorgen liegen bei ihr, gleich neben ihrer Einsamkeit und Trauer. Sie ist zufrieden mit diesen Begleiterinnen, begrüßt die Hütte, den Frieden, Wohlstand und Sicherheit. Die Dunkelheit gewährt noch Schutz, bevor Licht auf ihren faden Tag fallen wird.

Sie entzündet Lichter, kocht starken Kaffee, und überlegt.

Was kann sie tun?

Was muss sie tun?

Wohin wendet sie sich?

Sie senkt ihren Kopf, faltet die Hände und betet.

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Samstag, 9. Dezember 2017
Wintertag
Draußen jagt Schnee fast horinzontal an der Hütte vorbei und fegt alle Gemütlichkeit und Ruhe davon. Sie legt warme Kleidung an und macht sich an ihr Werk. Niemand sonst arbeitet heute und so ist sie allein.

Sein Amulett wärmt ihre Brust, die ihr Herz fest verbirgt. Grimmig bewegt sie sich voran.

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Freitag, 8. Dezember 2017
sie lebt
Gar nicht so schlecht, der kaum erwachte Tag. Glanz fehlt zwar, aber es geschieht etwas.

Sie bemerkt, es geschieht das gleiche, als vor Jahren eine geliebte Person starb: deren Geschichte, die Seele, das Gemeinsame entwich, langsam und unaufhaltbar. Auch damals sträubte sie sich mit allen Sinnen dagegen, wollte den Gedanken, die Situation, die Gefühle, die Stimmung aufhalten.

Naja. Gleichzeitig lebt sie den neuen Tag, heißt jeden Atemzut und jeden Moment willkommen, lernt ganz unbemerkt die fremden Minuten kennen und greift fleißig nach den ihr entgegenfliegenden Aufgaben und Ereignissen.

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Donnerstag, 7. Dezember 2017
jeder Tag ein reicher Tag ohne Glanz
Sie ist krank geworden. Nicht sehr schlimm, dennoch räumt sie sich eine Pause ein und geht nicht in den Wald zum Arbeiten. Sie hat sich Aufgaben mit in die Hütte genommen und freut sich auf einen ruhigen Tag.

Morgens wird sie wach in geborgener, warmer Atmosphäre, einsam, ohne Licht. Sie mag das Alleinsein, die Stille, die Selbstbestimmung, doch es fehlt die Wärme des Bewusstseins seiner Anwesenheit.

Sie spürt, dass sie ihn vergessen wird, dass die Tiefe und Schärfe des Dorns weniger werden. Sie zündet sich Lichter und Kerzen an, kocht sich heißen Kaffee, begrüßt und schätzt ihren wachen Geist und öffnet sich für den Tag.

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Mittwoch, 6. Dezember 2017
Ende
Bereits am Vortag kündigt er sich an und räumt ihr Gelegenheit ein, mit ihm zu sprechen. Sie findet seine Nachricht erst spät am Abend und sie vereinbaren sich für den nächsten Tag. Sie ist vorbereitet, gewappnet, aufgeräumt.

Er kommt und ist fest verschlossen, fast ein kleines bisschen böse. Sie nimmt seine Zeichen schnell und klar auf und bricht den Kontakt ruhig und souverän ab.

Freundlich und ruhend weist sie ihm die Tür, steht zu sich selbst, verleugnet nichts, verbiegt sich nicht, achtet genauso seine Grenzen.

Eine Gefährtin stellt sich später an ihre Seite und weicht nicht eher, bis Schmerzen und Tränen verflogen sind.

So beginnt der erste Tag des restlichen Weges vor ihr.

Im Wald, in der Gemeinschaft, sucht er nicht den Kontakt zu ihr, lässt sie aber teilhaben an seiner Existenz.

Sie gewährt ihm keine Beachtung, erlaubt ihrem Sein keinerlei Ausgang.

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Sonntag, 3. Dezember 2017
endlose Weite weißer Stille
Abends klopft eine Maid an ihre Türe und läd sie ein ins Dorf. Sie - niedergeschlagen wie sie ist - will am liebsten ablehnen, weiß aber, dass nur dieser Weg sie aus dem Dunkel hinausführt. Rasch kleidet sie sich an, löscht die Glut und geht aus.

Ohne Qual und Traum durchwandert sie die Nacht und erwacht erholt. Grade will sie beginnen, sich wohlzufühlen, da schnappt die Einsamkeit zu und trifft sie unbarmherzig; sie erstarrt und wird kalt.

Draußen hat es geschneit. Das Land liegt unter völliger Stille unter der kostbaren Decke der glitzernden Flocken. Sie ist allein. Niemand erfreut sich mit ihr an dem Schatz, niemand denkt an sie, niemand trägt sie in seinem Herzen.

Er tut es nicht.

Sie lässt auch diesen Gedanken nicht aus. Den Rand zum Abgrund ignoriert sie geringschätzig und kocht sich starken, heißen Kaffee.

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