Montag, 25. Dezember 2023
Heiliger Abend
Noch in der Nacht bricht sie auf zu einem Weihegang. Mit offenen Sinnen wandert sie durch die schwarze Natur, bis die anfangs unmerkliche Dämmerung dem Tag den Weg zu seinem Recht bereitet. Aufmerksam achtet sie auf alle Dinge, suchend, betend, dringend. Sie ruft den Ewig-Vater an zu handeln, zu schützen und zu siegen, und schreitet und stapft weit in das leere Land hinein.

Alle Bäche sind angeschwollen, ein Fluss ist nicht weit entfernt davon, über die Ufer zu treten. Schnell rauscht das drängende Wasser voran, gegen die Meere, und kündet die Kleinheit der Welten und Menschen.

Nach Stunden erreicht sie die Siedlung, deren Grenze sie passieren muss auf dem Weg heim zur Hütte. Noch einmal wünscht sie die Zeichen der Mächte herbei, ersehnt sie Erkenntnis, und fragt sich schon, ob ihre Ohren zu verschlossen sind, ihre Fähigkeiten verloren. Da hört sie eine große Gruppe Rabenvögel, laut krakeelend auf einem Kastaniebaum, der nahe der Kirche steht, an die hundert Jahre alt. Und sie versteht ihre Botschaft deutlich: "Hab keine Angst! Sorge Dich nicht. Hab keine Angst! Sorge Dich nicht." Immer wieder und laut rufen die klugen Geister ihre Nachricht, und bestehen darauf, dass alles nach Gottes Willen geschieht.
Und sie erreichen ihr Ziel. Getröstet und vertrauensvoll finden ihre Füße den Heimweg, und gestärkt beginnt sie mit dem Backwerk und mit der Bereitung der Speisen für den Heiligen Abend.

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Freitag, 15. Dezember 2023
Fürbitte
Frühmorgens und wohlgemut betritt sie die Kehrseite der Anderwelt, begrüßt die Kühle der Hütte, kocht Kaffee und entzündet helle, klare Lichter, viel mehr als der Advent bedeutet.
Wolfens Herz in der Nähe, ein eingewickelter Stein aus der Glut zu ihren Füßen lässt sie sich nieder, warme Plaids über den Beinen, und erledigt Schriftsachen und Weihnachtspost.
Hell, hell strahlt die Verheißung warme Pfeile, und sie betet verbunden und klein.

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Donnerstag, 14. Dezember 2023
Sinn
Alle Schmerzen verschwinden über Nacht, sie erwacht gesund. Noch etwas unsicher tappt sie durch die dunkle Hütte, liebt den frischen Kaffeeduft.
Die Liebe des Wolfes wohnt zauberhaft in ihrem Herzen, keine Sorgen oder Dämonen halten Rechte. Sie spürt Fülle und Bedeutung und senkt den Kopf.

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Montag, 11. Dezember 2023
Wolfsnacht
Er lacht, laut und freudig, als er sein Ankommen ankündigt. Sie ist etwas kränkelnd, kann sich seiner sehnsüchtigen Ausgelassenheit nicht entziehen. Er umgarnt sie, nimmt ihr das Anfeuerholz aus den Händen, richtet ihr Lager, nimmt sie sanft und sorgend hoch und trägt sie.

Später schlafen sie verschlungen, stecken einander mit ihrer Hitze an; Bilder von Burgen, Festsälen und Ställen geistern durch ihre Träume. Er probiert von ihren Weihnachtsspeisen, sie sind sich fremd wie jedes Mal, staunend, kostend, strahlend, glückselig, ohne Worte versichern sie sich ihre Liebe. Er schenkt sich ihr hin, wie ein Rollenwechsel.

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Samstag, 2. Dezember 2023
Kleinheit
Dies war der Ort, an den sie verzweifelt geflohen war und sich vergraben hatte, als er sie veließ und sie hilflos und voller Schmerz zurückblieb. Hier kam sie her, um ihm nah zu sein. Sie erinnert sich gut.

Und nun? Wolf und Katze sind enger vereint denn je, fester verbunden als Liebende es sein können, es fehlt ihnen nichts. Es ist wunderber, wunderlich, manchmal seltsam, unglaublich, zuweilen beängstigend.
Sie spürt ihre Zukunftsgedanken, ohne Wünsche oder Pläne, nimmt ihre tiefe Dankbarkeit wahr, fühlt ihre Kleinheit und Liebe.

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Freitag, 1. Dezember 2023
Heimelige Christküche
Lichtgrau und nur zäh läuft der Tag ein. Dicke Wattedecken liegen auf den Hüttendächern der Siedlung, maändernder Nebelrauch quillt aus den Schloten.
Oft entgleiten ihre Gedanken zum Wolf hin; mal ist sie froh, allein zu sein, manchmal ersehnt sie seine Nähe. Als ein Briefchen da liegt, lächelt sie leise, und beantwortet es in der Andernacht, die nur ihnen beiden gehört.

Es ist ein Geschenk, das ihnen gegeben wurde, und es ist alles gut, wie es ist. Wird es sich ändern? Sie schiebt den Aspekt beiseite, hinaus aus ihrer Welt.
Auf dem blankgescheuerten Holz liegt bereits Mehl aufgeschichtet, und sie holt geschäftig Fett, Eier und verheißende Gewürze herbei, schiebt ihre Ärmel auf.

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Montag, 20. November 2023
Mächtige Kräfte zwischen den Zeiten
Die Zeit verlangsamt sich und kündigt die Rauhnächte an. Wind und Nächte rufen sie ab, sie folgt, stapft hinaus in schwärzeste Dunklen und übergibt ihre Sinne den mächtigen Geschehnissen.

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Samstag, 18. November 2023
auf dem Weg
Ordnung, Ruhe, Stille. Das sind ihre Kraftquellen, die sie bewusst aufsucht. Die Begriffe ähneln Stillstand, doch sie spürt: sie befindet sich auf einem Weg.



Ihr Gedanke an die kommenden Rauhnächte erfüllt sie mit warmer Vorfreude.
Der Buntspecht aus dem gegenüberliegenden Wald bearbeitet lautstark die mit Körnern bespickten Hölzer.

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Donnerstag, 16. November 2023
Odem
Erschöpft trifft sie in der kalten Hütte ein. Sie entledigt sich der festen, schweren Kleidung, verräumt die irdenen Krüge vom Vortag, feuert an und entzündet alle Lichter, und kocht Kohl und Würste.

Später sitzt sie müde und wohlig am Feuer, die warmen Zehen in Fellen verborgen. Der sorgende Wolfsatem liegt sanft in der Nähe.

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Freitag, 10. November 2023
weite Etappe
Er kommt spät, es ist schon lange dunkel. Sie hat ihn nicht erwartet.

Ihnen fallen lange Zeiten zu, sie reden viel. Er schnattert mit seinr jungenhaften Stimme und berichtet aufgeregt und beseelt viele Neuigkeiten. Sie lachen, fallen einander in die Arme, legen lange Strecken zurück, ziehen sich zurück in ihre Zweisamkeit.
Als er geht, zieht die Müdigkeit längst mit Macht an ihren Lidern, und er verlässt sie nicht.

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Sonntag, 5. November 2023
Novemberliebe
Regenschnüre ziehen senkrechte Wasserfäden, gerade aus den Wolken bis zum Boden hin.

Sie denkt an den Wolf, stellt sich Fragen, stellt den Wolf infrage, sich selbst, nickt innerlich, zustimmend, bestätigend, sicher und unsicher zugleich.
Freie Zeit umhüllt sie, freiheitlich, es entstehen Räume, in kräftigem Rosenton.

Klarheit hat sie nicht losgelassen, Stärke und Kraft leiten sie, sie wird erneut in die Natur gehen.

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Samstag, 28. Oktober 2023
Schnitter
Früh und lange vor dem Tag steht sie auf, feuert kräftig an und lässt die scharfe kalte Luft durch die weit geöffneten Fenster durch die Hütte fegen. Eingewickelt in schwere warme Decken trinkt sie Kaffee in kleinen Schlückchen und genießt das zaghafte Maändern der Zeit.

Später beginnt sie ihre Werke. Von draußen holt sie frischgeernte Kerne und Saaten für die Vögel hinein und legt sie erstmals in diesem Herbest liebevoll aus. Schon bald hört sie das hohle Klopfen des Buntspechts, der heuer der erste ist, der die Gaben bemerkt. Sie betrachtet ihn still und gibt seinen wachsamen Knopfaugen keinen Grund zum Flüchten.

Auch pult sie die letzten Feuerbohnen aus ihren mittlerweile braungewordenen Schoten und legt sie aus zum Trocknen, das Saatgut fürs nächste Jahr. Schnell noch einige Zweige Thymian gepflückt und ein paar dicke rote Äpfel vor den hungrigen Mäulern der Schmetterlinge und pickenden Gesellen gerettet, dann zieht sie sich zurück in die gewärmte Kuhhina für die Zubereitung von Speisen und Gebäck. Der Wolf ist wie immer dabei.

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Freitag, 20. Oktober 2023
Quelle
Ihr Geheimnis liegt strahlend und bezaubernd in ihrem Herzen; sie lächelt bei ihren Gedanken an ihn.

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Donnerstag, 19. Oktober 2023
Formation der Liebenden
Die Rückkehr aus den fernen Ländern ist lang und beschwerlich. Sie meistern alles gut, ihr Kind ist an ihrer Seite, und sie ist erleichtert, die sichere und geordnete Hütte zu erreichen.

Nachrichten an den Wolf hat sie keine gesendet, und ihre Gedanken bleiben gänzlich nah bei ihr.
Nach der Moorarbeit trifft sie Menschen, schaut vorbei bei dem alten Witwer und richtet seine Wäsche und Linnen, und sieht bei der späten Heimkehr schon von weitem des Wolfes Anwesenheit. Seltsam fremd ist der Anblick, beim Betreten der Hütte wird ihr elend, als sie merkt, dass er bereits im Aufbruch ist.
Zwar umfängt er sie, küsst und liebkost, und tröstet sie etwas betreten, doch ihr geht es schlecht, und sie verbirgt es nur halb.
Sein Geruch bleibt in den Räumen hängen und haftet an den Stoffen. Bereits am Morgen liegen die Gaben vor der schweren Holztür der Hütte, die sie sich wünschte, und dennoch hängt eine Leere in ihrem Herzen, die sich nicht wegschieben lässt.

Nur wenige Tage später spürt sie seinen charakteristischen Schritt noch bevor sie ihn hört. Sie sind beide müde, ein wenig fremd und etwas ungelenk, doch gleichzeitig passen sie wie eh und je ohne jede Abweichung zueinander. Gewandt tanzen sie einen jahrtausende alten Tanz und reihen sich ein in die Formation der Liebenden, diejenigen, die sich finden ohne Worte und ohne Fragen.
Er schläft ein wenig in ihren Armen, sie studiert derweil Schriften und Skripte und hängt ihren Gedanken nach.
Auch später, sie kommen erneut zusammen, sprechen sie nicht. Er verlässt sie schnell, ihr geht nichts verloren, alle Bedrückungen sind fortgeliebt, sie fällt in einen traumlosen Schlaf.

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