Bereit.
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Heute ist der erste Tag ihres restlichen Lebens. Einmal mehr war es ihr so schlecht gegangen, dass sie empfand: wenn sie überleben will, muss sie etwas ändern.
Sein Amulett hatte sie in ihre Schachtel gelegt, in der sie die Kostbarkeiten der Welt aufbewahrt; das Schächtelchen steht nun wieder hoch oben auf der Anrichte. Ein paar Briefe, die sie an ihn verfasst und nicht versendet hatte, räumte sie vom großen Eichentisch fort und legte sie sorgfältig unter einen großen Stapel Bücher, die sie äußerst selten anrührt.
Jeden Gedanken und jedes Gefühl verwehrt sie sich rigoros. Entschlossen blickt sie dem Tag ins Gesicht, bereit sich zu streiten oder zu kämpfen, sollter der sich mucken.
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Sie ist angekommen in ihrem Leben. Das bedeutet aber auch ein wenig: keine Suche mehr, keine Strebsamkeit, keine Umtriebigkeit, kein im Dunkeln liegendes Ziel, keine Geheimnisse.
Alles hat sich verändert.
Es ist auch ein wenig ein Abschied. Ein Abschiedsprozess.
Etwas Paradoxes fällt ihr auf: weiß sie doch nicht, wie dieser Prozess endet, so sehr sie auch das Ende ersehnt. Sie betrachtet die Möglichkeit der Schwermütigkeit, des Langsamerwerdens, des Alterns, Dahinsiechens, Loslassens. Oh nein, lächelt ihr Ego, oh nein.
Es hat aufgehört zu regnen.
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Heute wird sie den ganzen Tag durch die Wälder streifen. Sie packt sich Proviant und Brotzeiten ein, nimmt den Wanderstock aus der kleinen Scheune und stapft los.
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Sie versucht, sich zu wehren, Energie und Zuversicht schwinden mehr und mehr. Nicht rasant, aber stetig wie ein aushöhlender Tropfen; klebrige Geister ziehen das Leben mit sich und ihr fehlt die Macht des Widerstands.
Sie spürt, wie sehr ihr das Alleinsein schadet.
Sie ist nicht bereit, jemand an ihrer Seite zu akzeptieren, nicht in der Lage dazu.
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Es wird ein guter Tag werden.
Sie hat Pläne, und er ist nicht gänzlich weg. Es ist nur wenig, das er ihr überlasst, doch es hilft ihr über ihre Traurigkeit hinweg.
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Sie steht auf, öffnet weit Türflügel und Fenster, lässt Leben und Vorboten des Tages in die Hütte hereinspazieren. Eine Bewegung lässt ihren Blick auf einen früh tragenden Obstbaum fallen. Gegen das grelle Morgenlicht zeichnet sich ein Vöglein ab - es muss eine Meisenart sein - kopfüber hängend an einer jungen Frucht und in das volle Fleisch hineinpickend. Als sie sich abwenden will, flieht der emsige Geist.
Das Amulett ruht warm und nebensächlich auf ihrer bereits leicht gebräunten Haut. Ihr Körper ist gesund, ihre Gedanken stark und freundlich. Ruhig betritt sie den Morgen.
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Sie hat Fleisch vom Markt besorgt, das beginnt sie zuzubereiten, sie wird es ihrem Kind bringen. Früh feuert sie an, so dass sie fertig sein wird, bevor es wirklich heiß wird.
Sie hatten Kontakt. Das ist wohl der Grund, warum es ihr besser geht.
Der Wind spielt ein Lied, seine Instrumente sind die Kronen der Bäume. Die Melodie ähnelt so sehr dem Rauschen des Meeres, dass sie verwundert aufsieht und einen prüfenden Blick durch das dunkle Grün schickt.
Das Geräusch verebbt wieder.
Ernst fängt sie an zu hantieren.
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Aber erstmal wird sie sich ein neues Schuhwerk gönnen. Sie bindet ihr Haar hoch, kleidet sich sommerlich und in kräftigen Farben, verzichtet auf sein Amulett und verlässt die Hütte.
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Sie liebt ihn völlig unverändert und wartet auf seine Rückkehr.
Und solange sie das tut, braucht sie sich keinen Partner an ihre Seite wünschen, so einsam sie sich auch fühlt.
Genau dieser Gedanke lag bereits vor einem Jahr oder noch länger vor ihr. Nichts verändert sich.
Alles geht noch viel langsamer, als sie befürchtete.
Und zum jetzigen Zeitpunkt ist absolut noch nicht klar, ob es jemals endet. Ob sie jemals aufhören kann, ihn zu lieben.
Sie wappnet sich für eine Ewigkeit. Es ist kein gutes Gefühl.
Und es gibt keine gute Grundlage für dieses Gefühl. Würde es verschwinden, wenn sie ihre Gefühle mit jemand anderem verbinden könnte? Oder ist das tatsächlich ausgeschlossen? Sitzt sie einer Täuschung auf?
Stehen ihr an der vor ihr liegenenden Weggabelung zwei reelle Möglichkeiten zur Verfügung? Und bedeutet die eine, dass sie sich einfach abwenden könnte?
Ohne ihn weitergehen oder an der Gabelung stehenbleiben.
Wann entschließt sie sich zum Aufbruch?
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Sie kocht sich Kaffee und eine schlichte Mahlzeit für die Vesper, öffnet Fenster und Türen und genießt die Zeit und den Frieden.
Die ungestüme Meise - es muss ein Männchen sein - hackt fest auf dem Holzstück der Futterstelle herum. Sie erfreut sich an dem Tier und streut neue Körner aus.
Wird es ein vierter Tag ohne sein Amulett werden?
Sie überlässt sich ihrer Intuition und senkt dankbar den Kopf.
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Sie fühlt sich frei. Mit ihrer Entscheidung, besser, ihrer Erlaubnis sich selbst gegenüber, ihn weiterlieben zu dürfen und allein zu bleiben.
Ja, es ist traurig. Und ja, es ist ein Freudenfest.
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Sie war tanzen, hatte sich ihre Nägel eingefärbt und einen Hauch rosige Farbe auf ihre Wangen gebracht. Mit offenem Haar ging sie in die Gemeinschaft in die Nacht. Dort fand sie erneut den Grund für ihre Scheu vor Menschen; doch sie hatte ihre Strategien. Sie passte nicht zu ihnen, doch sie weiß: es gibt noch mehr Menschen, die nicht dorthin passen. Und: sie kann dort tanzen; sich der Musik überlassen und verschwinden. Sie blieb nicht lange und hatte es geschafft. Zufrieden ließ sie sich unter dem Sternenhimmel durchs Dunkel wandernd von der Hütte zurückholen.
Dadurch, dass er sie verlassen hat, kann sie es wieder, tanzen und sich mögen, sie muss nicht mehr in ihrer Unzulänglichkeit darauf schauen, was genau ihre Unzulänglichkeit in seiner Bewertung ausmacht, denn er hat sie eh verlassen.
Ein Gespräch mit einer Frau begleitet sie zu einem klaren Blick: ihr Hängen an seiner Person hat möglicherweise nicht so viel mit ihm zu tun, wie sie es erlebt. Es ist wohl ein Urgeschehnis aus ganz frühen Tagen, oft ein Manko, vielleicht aber auch etwas Gutes, das sie tief innen berührt, und das sie mit ihm verbindet.
Sein Urgeschehnis lässt ihn halt nach etwas anderem streben als das ihrige. Sonst wären sie nun zusammen. Ob es so wäre? Vielleicht auch nicht?
Es geschieht viel mit ihr dieser Tage, und sie sieht es dankbar an. Draußen wabern die Vorboten einen heißen, schwülen Sommertags umher, Frieden, Trägheit, Geräusche einer frühen Ernte, Vögelmillionen. Bei weit geöffneten Türen und Fenstern trinkt sie ihren Kaffee. Die Frage, ob sie heuer sein Amulett umlegt, lässt sie offen.
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Es ist eine Geschichte über Standpunkte, Überzeugungen, Treue.
Sie glaubt zu wissen, mehr noch, es scheint ihr wie Schuppen von den Augen zu fallen. Sie muss tun, was sie tun muss.
Sie hatte begonnen, ihm zu folgen, nicht, um einen Vorteil zu haben, nicht, um etwas zu erreichen, nicht aus einem bestimmten Grund. Sie hatte beschlossen, ihm zu folgen, und nun folgt sie ihm; unabhängig davon, was er tat.
Es ist eine Frage Folgens. Nicht des Willens, des Prinzips, der Logik oder der Vernunft.
Schnell schreibt sie die Gedanken auf, bevor sie verschwinden. So wird sie sie später erneut lesen können.
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Sie steht auf, macht sich heißen Kaffee, kämmt ihr Haar und richtet sich her, alles schlicht und ohne große Aufmerksamkeit. Später wandert sie in die Siedlung der anderen, sie bringt eine Nachricht mit Grüßen für ihre Schwester zum Boten, erwirbt Fleisch und Mehl beim Krämer und wässert auf dem Heimweg bei einem Nachbarn die Pflanzen.
Wieder daheim bereitet sie sich stereotyp ein Mahl. Sie spürt Einsamkeit und Trauer, und - um sie loszulassen, lässt sie ihre Tränen laufen. Linderung kommt nicht zu ihr.
Sie gießt sich frische Kräuter mit kochendem Wasser auf und atmet die heißen Dämpfe ein. Ihre Hütte umhüllt sie mit feinem, seidigen und gleichzeitig vollkommen undurchdringlichen Frieden und Schutz. Sie verbirgt sich darin und verschließt sich fest vor allem anderen.
Sein Amulett liegt unbeachtet in einer Ecke neben dem Waschkrug. Schon den zweiten Tag hat sie es nicht umgelegt; doch besser macht das die Sache nicht.
Sie wird sie lösen, die Aufgabe. Ihr Willen ist fein, starrsinnig, unbeugsam und ungebrochen.
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Sie ist langsam, unendlich langsam, quält sich herum mit Dingen, die man nicht sieht, die ihr nicht gut tun, die es möglicherweise gar nicht gibt, und wenn es sie gibt, dann nur für sie.
Ist der richtige Weg, hinzunehmen, dass es schmerzt, es anzunehmen, wie es ist, geduldig und demütig zu sein? Oder ist der richtiger aufzustehen aus Leid und Trauer, die beiden zu bezwingen und mit Macht und Anstregung auf ihre Plätze zu verweisen?
Sie wendet ihr Gesicht dem Licht zu; die Sonne ist verhangen und vollkommen verborgen hinter einer undurchdringlichen Nebelschicht. Geschwächt und traurig macht sie sich auf in den Tag.
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Einmal trifft sie ihn im Wald, er spricht sie an, auf eine Gerätschaft, die er sich holen will. Sie antwortet knapp, klar, fast abweisend.
Sie versagt sich jedes Gefühl, und es gelingt.
Sie denkt nicht an gleich. Nicht an morgen. Sie denkt gar nicht.
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Das Wachsen der Halme und Blätter findet auch den Weg in ihre Träume, und sie schläft erholsam und gut.
Sie ist sich treu geblieben. Auch die schmerzhafte Ablehnung einiger Menschen hat sie nicht umfallen lassen; sie steht aufrecht, biegsam, nachgebig, nicht zu unterwerfen.
Sie lächelt leise, sieht nach vorn, den Blick in die Richtung des Universums gerichtet, gewappnet, den Weg völlig allein anzutreten.
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