Freitag, 11. Mai 2018
warten
Die Nacht verschwindet grußlos, ein leicht schales Gefühl geleitet sie in den Tag. Die Vögel machen lauten Radau, sie steht auf und bewegt sich verhalten, abwartend.

Es ist so, als stünde es kurz bevor, das Leben; aber es ist eben noch nicht da, jetzt noch nicht. Sie weiß, dass es daran liegt, dass sie ihn immer noch nicht losgelassen hat, und sie weiß, dass nichts in der Welt die Dinge verschnellern kann. Es dauert so lang wie es dauert, hat sie heute gelesen, und so ist es auch.

Kaffee teilt ihr ein paar Lebensgeister zu, die wenig begeistert ein bisschen Energie an sie abgeben. Sie streicht sich übers Haar und beschließt, es zu waschen.

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Sonntag, 6. Mai 2018
Nadelöhr
Schon oft hatte sie daran gedacht, dass sie früher oder als Außenstehende mit Blick auf ihr Dilemma den Kopf geschüttelt hätte; zu lächerlich oder lapidar wirkt der Anschein.

Doch auch heute landet sie wie schon 1.000 Mal zuvor an demselben Punkt. Sie kann sich nicht abwenden. Sie kann nicht entkommen. Es gibt nur eine Richtung: durchs Nadelöhr.

So kehrt sie zurück ins aufgeschlagene Lager, nimmt den Mangel an, fügt sich - des Kämpfens müde - und beugt und verschließt sich vor den Blicken anderer. Des eigenen Schutzes wegen.

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Samstag, 5. Mai 2018
Ausruhen
In der Nacht arbeitet sie für die Gemeinschaft. Geist und Herz stehen bereit für Menschen, die sie brauchen, und sie hat eine erfüllende Zeit.

Morgens kehrt sie zurück in Geborgenheit und Gleichmut ihrer Hütte, in deren Wärme und Schutz sie sich dankbar zurückzieht und schläft.

Noch müde tappst sie später in den strahlenden Tag. Sie lässt Sonne und Helligkeit draußen unbeachtet und ruht; trinkt Kaffee und liest und schreibt.

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Dienstag, 1. Mai 2018
Eine Liebe der Vergangenheit
Morgens fällt ihr auf, dass sie (wieder) ausgezeichnet schläft.

Sie kocht sich tiefschwarzen Kaffee. setzt sich an ihren Platz am Ofen und beginnt zu schreiben.

Der Wind streicht dominant und gemessen durch die Wipfel der Hüter der Erde. Das gleichbleibende, wilde Rauschen dringt an ihr Ohr, Starre nimmt ihr Herz ein.

Immer wohnt er an ihrer Seite, die dadurch leer bleibt.

Sie erinnert sich an eine lang zurückliegende Liebe zu einem Pferd. Damals dachte sie, sie könne ihr Leben nicht leben und müsse an der Seite des Pferdes ausharren, sie konnte diese Liebe nicht loslassen. Doch in dem Fall tat sie es dann doch. Sie entschied sich fürs Leben und verließ das Pferd, das Verharren schien ihr grotesk, darüber hinaus hatte sie nicht die Möglichkeit zu bleiben.

Noch einmal schreitet sie in Gedanken ihre Perspektiven ab. Sie lässt ihn in ihrem Herzen, hält den Blick gesenkt, findet sich ab, genießt ihr Leben, nimmt den Mangel an.
Noch ist genau das ihre Position.

Oder sie wendet sich mit Macht ab. Entscheidet sich für das Leben, den Puls der Liebe, die Leichtigkeit, das Fliegen, das Vertrauen in das Neue.
Auch diese Haltung lockt sie immer wieder.

Sie nimmt sich selbst an die Hand, lächelt sich zuversichtlich an und holt sich frischen, hießen Kaffee. Der Wind hat sich etwas zurückgenommen. Sie entzündet eine Kerze und wickelt sich in eine flauschige warme Decke ein.

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Montag, 30. April 2018
flacher Atem
Es geht ihr besser. Ein angefüllter Tag liegt hinter ihr, sie spielt die Instrumente des Lebens und des Lichts routiniert und melodiös.

Er ist wie immer fester Bestandteil dieser Szenerie, sie lehnt sich nicht auf und begehrt nicht auf. Zu groß ist die Furcht vor den eben entronnenen Tiefen.

Die Alltagsdinge gehen ihr leicht von der Hand, ihr Schritt ist ruhig und fast gemessen. Keine Haarsträhne wagt sich hervor aus der strengen Ordnung, fast ältlich wenden sich Gesicht und der Blick ihrer Augen gen Boden.

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Sonntag, 29. April 2018
süße Speisen...
Lange Stunden mit ihrer Schwester und weitere Stunden unter Gottes sorgender Hand helfen ihr über die Schwärze hinweg. Nachmittags kommt eine Freundin, sie schmieden Pläne. Deren kluge und tiefe Stimme befriedet den Aufruhr, bringt Frieden und Hoffnung.

Unsicher, still, und langsam sucht sie Schritt für Schritt ihren Weg durch den Tag. Warme, süße Speisen und Ruhe geben neues Leben...




Sie bleibt vorsichtig unten hocken, flüchtet nicht vor der Tiefe, befeuert sie nicht, wendet sich nicht ab. Ihre Gedanken schweifen zu dem Zeitpunkt, an dem sie den Kopf heben wird. Leise bleibt sie sitzen.

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Einsamkeit
Sehr dünnhäutig und bedrückt, fast bestürzt steht sie auf. Sie weint viel.

Abends verliert sie sogar gegenüber ihrem Kind ihre Fasson und weint.
Doch sie beide bekommen es gut hin.

Auch der Morgen beginnt mit Tränen.

Sie ist allein. An dieser Stelle hat ihr Zustand gar nichts mehr mit ihm zu tun. Er hat sie verlassen, endlich, endlich.

Der Punkt ist: sie ist mutterseelenallein. Wie wohl wir alle. Dieses deutliche und hautnahe Gefühl setzt ihr schwer zu und sie verändert sich, ihr Gesicht, ihre Seele, ihr Herz, nichts ist gesund.

Sie lässt die Tränen laufen.

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Samstag, 28. April 2018
fader Zukunftsbeginn
Wann geht es endlich los?

Abends kehrt sie heim. Leer und kalt steht die Hütte da, unberührt davon, ob sie zurückkommt oder nicht. Und da ist er wieder, der hinterhältige Schmerz, nicht stark, aber bohrend, schmerzend, hohl. Sie trinkt erneut Wein, und legt sich dann schlafen.

Morgens geht es ihr ein wenig besser, das Rotkehlchen empfängt sie, ungeduldig Körner pickend. Nebenbei wirft es beiläufige Blicke in das Häuschen, beachtet sie aber sonst nicht weiter.

Er hat ihr noch ab und an eine Hand gereicht, die hat sie aber ausgeschlagen, und nun sind alle Türen verriegelt.

Sie ist eine Verliererin auf ganzer Linie.

Sie unterdrückt den Impuls, ihm zu schreiben, und lässt ihren Blick über ihr Leben schweifen: vollkommen liegt es da in der Morgensonne. Ihr Körper und ihre Seele sind gesund und fest. Feine Linien durchlaufen ihre Haut, das Grau ihrer Haaremähne bedeckt sie mit dem roten Mehl einer bestimmten Wurzel, so dass es leuchtet und strahlt. Ihre Vorräte bringen sie Jahr für Jahr gut durch jeden Winter, und auch ihr Kind lebt reich und zufrieden davon. Viele Menschen begleiten sie zuwandt, liebevoll und freudig, und fürsorglich gibt sie diese Liebe weiter an alle anderen Menschen.

Grade will sie denken: 'nur der Platz in ihrem Herzen, an dieser einen feinfühligen Stelle, ist frei', doch immer noch würde sie lügen, so etwas zu formulieren. Denn dort sitzt er, nach wie vor, Stunde um Stunde, Tag für Tag.

Was stimmt mit ihr nicht? Ist sie langsam? Dumm? Unbelehrbar? Verdammt?

Die Zukunft steht vor ihrer Tür, lehnt gelangweilt an der Hauswand und raucht.

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Sonntag, 22. April 2018
Sommerträgheit
Sie erwacht, allein, mit nicht so guter Bodenhaftung, und dennoch klar und positiv gelaunt.

Sie ist allein und manchmal mental nicht die Stärkste, doch mit guten Strategien ausgestattet und - und das ist in ihren Augen bemerkenswerter als manch andere Dinge - in der Lage, auch die lauen Momente zu meistern und auszuhalten.

Die Hütte und das Universum verleihen ihr Schutz, und sie nimmt bewusst dankbar an.

Die Vitalfunktionen ihres Körpers arbeiten einwandfrei, sie nimmt es wahr und realisiert wie schon oft, dass diese Funktionen enden werden.

Eine Theologiephilosophin hatte einmal erklärt, alle Menschen seien angesichts der Tatsache des kommenden Todes nur zu zwei Reaktionen in der Lage: entweder ziehen sie das Thema ins Lächerliche und nennen das 'Galgenhumor', oder sie stürzen in eine tiefe Depression.
Mit ihrer spontanen Eingebung folgte sie der Professorin nicht und spürte ihr eigenes Aufbegehren. Doch alle innerlichen Argumente, die sie aufbot, reihten sich abwechselnd hinter den beiden genannten Optionen ein. Die studierte Frau hatte Recht.

Sie bereitet sich ein Frühstück und sendet eine Nachricht an das Mütterchen, deren Mann zum Krankenlager gebracht werden musste. Sie wird sie beim Besuch begleiten und stützen.

Die Sonne scheint beiläufig, als ginge sie das alles nichts an.

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Donnerstag, 19. April 2018
ohne Feuer
Ein kalter Hauch streicht an ihr vorbei; sie sieht seinem unsichtbaren Schatten hinterher.

Ihr Band ist längst durchschnitten, nur noch die Erinnerung auf ihrer Haut ist, fast unmerklich, zurückgeblieben.

Er hat sich entschieden, für die Kälte, Rationalität, den regungslosen cut.

Sie bleibt zurück. Mittlerweile nicht mehr fassungslos, verletzt, nur noch dumpf, gezeichnet, ohne Feuer.

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Sonntag, 15. April 2018
volle Kraft voraus!
Mitten in der Nacht erwacht sie, es ist dunkel und still, friedlich und ruhig. Auf nackten Sohlen tappt sie durch die Hütte, und bemerkt später: Er war nicht in ihrem Kopf.

Er war nicht in ihrem Kopf!

Normalerweise scheint es immer, als warte er in ihrem Gehirn auf ihr Erwachen, immer ist er bereits da, noch bevor ihr Bewusstsein sich vollständig versammelt hat.

Es geht aufwärts. Sie lächelt. Endlich geht es aufwärts.

Dankbar und freudig beginnt sie den Tag. Lange Regenfäden fallen vor den Fenstern gerade herunter. Dennoch wird sie rausgehen, den Wald mit festen Stiefeln erobern und genießen.

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Dienstag, 10. April 2018
schlechte Tage
Es geht ihr nicht gut.

Ekliger, hinterhältiger, bösartiger Druck liegt auf ihrem Sein. Sie will sich freuen, kann es aber nicht.

Sie wartet und wartet, ihre Mundwinkel liegen starr, Trauer drückt auf ihr Herz. Sie spürt das Schlechte mit jeder Faser, findet den Ausgang nicht. Tags, während der Arbeit, lacht und scherzt sie, dann kommt die Einsamkeit.

Oft erwägt sie, einen anderen Mann zu suchen. Dagegen spräche nichts.

Mühsam sieht sie dem Tag entgegen.

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Sonntag, 8. April 2018
allein sein
Von Tag zu Tag bedrückt sie die Einsamkeit mehr.

Sie denkt oft, dass er es ist, der ihr fehlt, seine Person, aber ihr ist durchaus bewusst, dass das möglicherweise eine Illusion ist.

Es fehlt ihr ein Gegenüber, jemand, auf den sie sich beziehen kann.

Sie hat Sämereien ausgebracht, den Staub des Winters weggefegt. Das Licht und die Wärme haben ihr gutgetan. Die Stille und das Alleinsein lagern drückend auf allem.

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Montag, 2. April 2018
Vor dem Morgen
Immer wieder ersehnt sie sie, die Zukunft, zupft an ihr wie an Halmen und Blumen, die sich zieren, aus dem Boden zu wachsen, nennt sie Zukunft, meint aber die Liebe, das Pendant, das Glück, die Lebensbringerin.

Wieder ist sein Bild verblasst, und dennoch weiß sie, der Zeitpunkt ist noch nicht gekommen, noch ist es zu früh, die Halme würden reißen.

Es ist noch dunkel, doch die Vögel zwitschern bereits, durchdringend und klar, keinen Zweifel lassend an der Ankunft des Tages. Sie wird gleich nach Morgenanbruch in den Wald gehen, Holz sammeln für das Feuer am Abend.

Kaffee tropft in ihre Lebensadern, lockt sie, aufzuwachen - doch noch ist es nicht soweit.

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Sonntag, 1. April 2018
Denkfehler
Geschäftigt geht sie hin und her, putzt die Böden, die Kochstelle und das Waschhaus, bereitet sich ein Frühstück und denkt und liest.

Plötzlich bemerkt sie, dass es ein Irrtum war, zu ersehnen und anzustreben, ihn (endlich) zu vergessen. Sie spürt deutlich seine Anwesenheit, in ihrer Seele und in ihren Gedanken, doch - es tut gar nicht mehr weh.
Auch wünscht sie ihn nicht zurück, fühlt keine Wehmut, vermisst ihn nicht.

Überrascht erkennt sie ihren Denkfehler und lächelt. Dann wendet sie ihren Blick gen Zukunft und öffnet ihre Sinne.

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Warten auf Veränderung
Sie erwacht in vollkommenem Frieden und dem wunderbaren Schutz der Hütte, ausgeschlafen und erholt. Diese Stille, diese Ruhe, dieser Frieden sind ihr höchstes Gut, sie nimmt es immer wieder wahr und wird das nicht mehr hergeben.

Sie hält inne und spürt nach; wischt dann alle Gedanken weg.

Was weiß sie, was passieren wird.

Der große Meisenvogel bearbeitet heftig die hölzerne Futterstelle und hackt stereotyp darauf herum. Der Himmel schickt einen gleichbleibenden, unhörbaren Tröpfchenvorhang. Ein Fink oder ein Rotkehlchen sitzt auf der abgeknickten Spitze einer Tanne und kräht nervös in die Welt. Welche Botschaft regt ihn wohl so auf?

Sie genießt ihre Zeit und schiebt den Beginn des Tages noch etwas vor sich her.

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