Freitag, 6. Oktober 2017
alle Tage
Alle Tage gleiten an ihr vorbei.

Sie steht auf, trinkt schwarzen Kaffee, richtet ihr Haar und legt sein Amulett um, verrichtet ihr schweres Tagewerk, kehrt heim und geht niemals spät schlafen.

Welchen Gedanken sie auch hegt, und auch wenn sie sich jemand an ihre Seite wünscht - und vielleicht gäbe es den einen oder anderen, der dort sein könnte - sie landet immer am gleichen Punkt.

Das Alleinsein fühlt sich am besten an. Wenn sie sich auf diesen Standpunkt zurückfallen lässt: Allein sein, allein bleiben, niemandem Einblick zu gewähren in ihr Innerstes, geht es ihr gut, spürt sie die Richtigkeit ihrer Haltung.

Ab und an spürt sie seine Anwesenheit in der Ferne, hebt nicht den Blick. Sie leugnet vor sich selbst nicht ihre Hoffnung seiner Rückkehr, und nimmt ihr somit die Macht.

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Dienstag, 3. Oktober 2017
ruhige Zeit
Ein paar schöne, freie Tage liegen hinter ihr, die ihr gut getan haben.

Sie ist nicht mehr so belastbar, das hat sie nun schon oft gemerkt, und fast ein bisschen erleichtert reduziert sie ihre Arbeit, so oft sie kann.

Und auch mit Menschen kommt sie nicht mehr so gut aus. Mehrere Menschen über den ganzen Tag um sich zu haben verlangt ihr Kraft ab. Heute ist sie gern allein.

Sie kocht sich schwarzen, starken Kaffee, lässt das Tirilieren der Vögel in ihre Ohrmuscheln, zündet sich Kerzen an, kuschelt sich in 1.000 seidene und hübsche Kissen und versinkt in einer Geschichte.

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Sonntag, 1. Oktober 2017
fließender Mantel
Eine Zauberhülle hat sich über die Hütte gelegt. Seidige Lagen aus Nebeltüchern umhüllen ihr Heim, eine wie die andere durchscheinend. Doch nach den ersten Hauchsegeln ahnt man nur noch wenig von der Welt hinter ihnen.

Sie beginnt früh, kocht und wäscht, spült ihr Haar, trinkt Kaffee.

Ihr Herz ist aus Stein.

Jedesmal, wenn sich der Aspekt des Fliehens anschleicht, schüttelt sie freudlos den Kopf.

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Samstag, 30. September 2017
kein Fortkommen
Sie steht mit ihrer forschen Tasse Kaffee in der Tür ihrer Hütte. Draußen wartet die prallste Natur auf sie und überrascht sie mit einer Fülle von Herrlichkeit. Alles hängt voll von Feuchtigkeit und die noch vom Sommer warme Luft riecht nach Tannennadeln, Laubbäumen und Fruchtbarkeit. Auf den Wiesen tanzen die letzten Herbsttupfen in gelb, rosé und weiß. Der Himmel sieht mit hellen Grautönen auf die Welt hinab und hat augenscheinlich seinen Wohlgefallen an allem.

Nach der harten und fordernden Arbeit der Woche kehrte sie gestern zurück in eine kalte, dunkle Hütte, die sie nicht in Empfang nahm und ihre Seele abwies. Sie fühlte sich leer und erschöpft, einsam und hilflos. Druck und Verzweiflung lösten sich schwer und heftig, und sie bat ihren Lebensmann um Hilfe. Er kam und hob sie auf, sie wanderten zum Wirt, dort sorgte er für Speise und Wein, und sie genossen gemeinsam die laue, späte Sommernacht. Um sie herum saßen nur junge Leute, und sie, die vertraute Gemeinschaft, schwiegen.

Wieder rollen ihre Tränen.

Sie ist einsam. Was soll sie tun? Wielange muss sie noch an dieser unbestellten, zu verfluchenden Stelle stehen bleiben?

Sie kennt keine Antwort. Sie ist so vieler Fragen gewachsen, sie hat sehr viele kluge Gedanken, und vor dieser Wand steht sie wie ein erstauntes Kind.

Resigniert wischt sie sich durchs verweinte Gesicht und beginnt, alle Dinge der Hütte zu ordnen und zu säubern.

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Donnerstag, 28. September 2017
Vorfreude
Am Rand der Welt versucht der Himmel, sich altrosa einzufärben, doch dicke graue Wetterherren lassen die Sonne in einer anderen Wirklichkeit aufgehen.

Sie ist müde und ein wenig zerschlagen, doch das regelmäßige Tanzen hält ihren Körper biegsam und beweglich - das tut ihr gut und lässt Schmerzen und Erschöpfung verschwinden.

Geduldig und ergeben trägt sie ihn in ihrem Herzen in den Tag. Wieder und wieder.

Sie freut sich auf ihre Pause, aufs Reisen und Wandern; bei diesem Gedanken leuchten ihre Augen auf und sie lacht und heißt das Leben willkommen!

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Mittwoch, 27. September 2017
zaghafter Herbst
Eine gute Nacht liegt hinter ihr, viel besser als die anderen Nächte. Die herbstliche große Arbeitsbelastung macht ihr zu schaffen, ihre Seele windet sich unter dem Druck und ihr Selbst höhlt aus. Aber - sie wird eine Pause bekommen, in drei Wochen schon.

Sie strafft den Rücken und macht sich an das letzte Gemüse, um es zu schnippeln und einzukochen.

Die Äpfel leuchten gülden an den Bäumen. Ein erstes Eichhörnchen huscht an einem Stamm hinauf, hält inne, blickt in ihr Fenster, um dann so schnell wegzuhuschen, dass sie meint, es hätte sich aufgelöst.

Sie ist allein. Da sie sich ihm angeschlossen hat, folgt sie ihm auch in seinem 'Nein' und nimmt das Alleinsein an.

In ihrer Pause wird sie wandern. Mindestens eine Million Landmeilen beabsichtigt sie zu laufen, darauf freut sie sich!

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Freitag, 22. September 2017
ohne Glanz
Sie ist früh zu Bett gegangen und sehr früh erwacht. Bei starkem Kaffee sitzt sie in der Nähe des Ofens, dessen Feuer heller ist als die Ahnung des Morgenrots am Horizont.

Sie ist allein. Es ist in Ordnung.

Ihre Gefühle für ihn sind in ihr drin, still, ruhig, zurückhaltend, präsent.

Sie hat ihre Pläne fürs Morgen, Übermorgen und die Tage danach klar vor Augen, ihr Schritt ist sicher und stetig.

Vor dem Fenster geht die Spinne, von der sie bereits den gesamten Sommer begleitet wird, ihren Aufgaben nach. Wegen dieser Spinne und noch weiteren vor den anderen Fenstern hat sie das Fensterputzen immer wieder verschoben.

Ein wenig fürchtet sie die lichtlose Zeit, die vor ihr liegt. Sie denkt an die Gänge durch den Wald, an die vielen dunklen Stunden, die nur erhellt werden von dem Glauben an den erneuten Wandel, die Hoffnung auf Frühling und Sommer.

Sie ist allein.

Der Tag beginnt.

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Sonntag, 17. September 2017
Ruhe
Ausgeschlafen sein, endlich. Sie spürt die Belastung von vielem, und befreit sich von dem einen oder anderem. Das wird ihr gut tun.

Sie begrüßt das Alleinsein, geht ihre bescheidenen Pläne durch, kocht sich Kaffee und nimmt sich ihre Andachtzeit vor dem Tagesbeginn.

Sie spürt die Ruhe und die geringe Menge ihrer Kraft. So stoppt der Blick und jeder Gedanke am Tellerrand.

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Donnerstag, 14. September 2017
Paukenschlag
Sie hat das Amulett wieder hervorgekramt. Es nicht zu tragen ändert nichts an ihrer inneren Bindung, die sie aktiv herstellt.

Es ist nicht richtig, dass sie (noch) keine Entscheidung treffen kann. Sie hat eine Entscheidung getroffen, und zwar die, dass sie stehen bleibt. Sie hat diese Entscheidung getroffen, und wie alle Entscheidungen hat auch diese Konsequenzen; manche davon sind etwas unangenehm.

Sie findet es ein klein wenig beschämend, zumindest aber irritierend. Allerdings ist sie weder dumm, noch krank, noch blind, noch sonst irgendwas. Und sie ist sich sicher. Sie möchte keinen anderen Mann. So ist es. Sie will es nicht ändern.

In ihr ist alles wie es bereits lange ist. Sie weiß um die Situation, hat sich daran gewöhnt, kennt gute Strategien der Umgehensweise, sie weint nicht mehr, sie sieht ihn manchmal, sie führt ein gutes Leben.

Sie könnte gehen. Sie will es nicht.

Das Amulett schmiegt sich gekonnt um ihren Hals. Gleich neben dem Mal.

Sie wird sich nicht verstellen. Vor niemandem; auch vor ihm nicht.

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Montag, 11. September 2017
ohne Bahnen
Sie erwacht im Stockdunklen, eine Stunde vor dem Anbruch ihres Tages. Sie liegt mit ihm Seite an Seite, im Zwiegespräch und in Gedanken. Ruhig und besonnen sind beide Strömungen in ihr; die ihn ausschließende und die ihn annehmende.

Solange sie nicht weiß, was zu tun ist, wird sie nichts tun, ihn ausklammern, seinem Blick niemals begegnen.

Zufrieden beginnt sie die jungfräuliche Zeit, als wäre sie zwanzig Jahre alt, nicht wissend und nicht voraussetzend, was geschieht.

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Reise
Sie stapft munter drauf los. Am Wegesrand blühen und duften Flachspflanzen, als endete der Sommer nie. Doch die prallen Hagebutten verraten den nahen Umschwung. Sie schlägt unbekannte Wege ein und überlässt sich ihrer inneren Führung. Mündet ein Pfad in die Wildnis, geht sie trotzdem weiter, schlägt sich durch Dickicht und Unterholz und orientiert sich an den angebauten Fruchtständen. Sie passiert sie um einiges überragende Maispflanzen, Kartoffeln, Weiden, Brachland. Zweimal überquert sie einen Wasserlauf, dessen Pegel in den letzten vier Wochen angeschwollen ist.

Die Natur nimmt sie auf wie in der Vergangenheit, als sie ihre Reise antrat, ohne zu wissen, wo sie landen würde. Ein wenig hat sie Sehnsucht, es erneut zu tun, einfach loszugehen; aber sie spürt auch den wohligen Einfluss der neuen Heimat, dort wo ihre Pflanzen sind, die Tiere, ihr Heim und sichere Zuflucht. So begnügt sie sich mit ein paar Träumen und genießt die Sonne auf ihrer Haut.

Bereits von weitem hört sie ein Fuhrwerk, das Klappern der Hufe, das Knarren der Räder, das Rasseln der Ketten, die gurrende tiefe Stimme des Kutschers. Das Gespann biegt vor ihr auf die Straße, dunkle Pferde mit glänzenden, frisch geölten Ledergeschirren, begleitet von einem freudigen Hund mit hellem, lockigen Fell. Sie grüßt, hebt aber kaum den Blick.

Weiter geht's auf ihrer Route, nun langsam die Himmelsrichtung gen Heimat einschlagend. Sie betritt einen Wald, auf einem von Fuhrwerken ausgefahrenen breiten Weg. Die Kühle zwischen den Bäumen hängt voll dumpfem und gleichzeitig klarem Geruch der Tannen und Fichten, lange Nadelpaare bedecken den Boden und dämpfen ihre Schritte. An der nächsten Gabelung zögert sie. Links von ihr führt ein Pfad zu einem Gehöft in der Ferne. Diesen wählt sie. Auf halben Weg begegnet ihr ein altes Mütterchen. Ist sie eine Bewohnerin des Gutes? Sie wagt nicht zu fragen und setzt ihren Weg schnell fort. Und dann taucht es vor ihr auf, ein verwaistes, leerstehendes Wohnhaus mit toten Fensteraugen, verwitterten Scheunentoren, nutzlosen Gerätschaften. Im Vorgarten stehen geisterhaft ein paar Möbel, als wären die Hiesigen nur schnell für eine kleine Unterbrechung fort.
Sie umwandert das verwunschene Anwesen und stellt fest, dass die Wiesen rundum gemäht sind, sogar kleine Bäumchen sind frisch gepflanzt. Hinter dem Hof weiden Schafe und - sie erschrickt, im Matsch vor ihr liegt eine Sau, deren Farbe sich kaum vom Boden unter ihr unterscheidet. Gänse und Hühner laufen hier und da - dieser Hof wird bewirtschaftet, aber von wem?

Sie überlässt sich ihren Gedanken und Wunschträumen und wandert weiter, verlässt den Wald und tritt hinaus in die unendlichen Auen und Weiden vor ihr.

Nach Stunden kehrt sie zurück, mit reinem Geist und aufgeladenen Kräften. Sie bereitet sich ein Mahl und ist sich selbst genug.

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Sonntag, 10. September 2017
Wechsel
Weißer, reiner Nebel liegt auf dem Land. Auch wenn sie Wehmut verspürte, als der Sommer ging - sie freut sich auf den Herbst, mit seinen vernieselten Tagen und der Zeit, in der die Dunkelheit alles schützend umhüllt und das Fenster für Ahnungen der Anderwelt öffnet.

Abschied und Neubeginn. Ein Wechsel. Warum endet die Periode ihn betreffend nicht? Oder beträgt der Zyklus zehn Jahre?

Sie überlegt, schon gleich frühmorgens raus in die Natur zu gehen, in Gottes Kirche, losgehen, nicht zurückkehren - ihre Gedanken steigen empor und verflüchtigen sich in einer Unendlichkeit. Die Einsamkeit tut ihr gut, sie ist ein Gegenpol zu der Hektik in der Gemeinschaft, die vielen Menschen um sie herum, die wirren Stimmen, die minütlich wechselnden Anforderungen... auch hier herrscht ständiger Wandel.

Für eine Wende müsste sie sich ab w e n d e n. Künstlich. Wird er ihr immer nachhängen und einen schmerzenden Platz in einer hinteren Ecke ihrer Seele für sich beanspruchen?

Sie kann die Entscheidung nicht treffen. Noch nicht. Immer noch nicht.

'Genug sinniert' schilt sie sich selbst. Sie wird einen straffen Plan fassen, ihre Aufgaben erledigen, mit kräftigen, weit ausholenden Schritten ihrer Wege marschieren, sich der dunklen Gedanken entledigen, die Änderung erwartend.

Eine tiefstehende Sonne mit langen hellgelben Fingern macht sich an ihre Arbeit, die Vernebelungen wegzustrahlen. Ein Zeitenumbruch, ein Ringen, es scheint, als wolle niemand die Verfügung erlassen, ob es nun warm oder frisch sein wird. Unter dem Regiment der Naturmonarchen beginnt sie diesen heiligen Tag.

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Samstag, 9. September 2017
keine Gaukelei
In der Ruhe ihrer freien Zeit gleiten die Dinge durch ihren Kopf. Als sie kürzlich etwas ungeduldig und fast ein wenig verweifelt ein Ende erfleht hat, hat sie nicht bedacht: noch immer bewertet sie diesen Lebensabschnitt und ihre eigenen Liebesgefühle als gut und wertvoll. Und auch wenn es schon so lange dauert - dann ist es eben so. Kein Tag ist ein verlorenener Tag. Es ist ein Erlebnis der Liebe, des Erfahrens, des Erkennens - eine gute Zeit.

Dass sie seine Nähe hierbei vermisst, liegt in der Natur der Sache.

Vielleicht wird sie frei werden. Vielleicht wird es nicht geschehen. Es ist gut, wie es ist, sie ist bereit, das anzunehmen, was die Realität ist. Sie wird nicht so tun, als wäre es anders, auch nicht vor sich selbst.

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halbe Kraft
Wasserfäden zielen schnurgerade auf die Erde, die Stämme der Baume und der Waldboden saugen sich voll des Nass, und auch wenn es Herbst geworden ist, strotzt der Ort um die Hütte herum vor Kraft und Fruchtbarkeit.

Die Einsamkeit ist ihr nicht genug. Sie wünscht sich ans Ende der Welt, weit weg, weit weg.

Sie will es nicht aussprechen, sie will es nicht denken. Sein Sein besselt ihr Ich. Auch zu Zeiten ohne Gedanken an ihn bedrückt es ihr Herz und umfängt sie fest, sie kann ihm nicht entkommen.

Heute weiß sie, seine Situation ist die gleiche, einst dachte sie, nur sie wäre in dieser Lage. Aber auch das gibt keine Linderung, und keine Freiheit. Sie fügt sie, wie immer, dennoch ist es eine veränderte Art von Einwilligung; ihre Hoffnung schwindet.

Die Liebe bleibt.

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eine Nacht
Sie kehrt zurück aus der Nacht. Tanz und Geselligkeit sind nicht gelungen, erleichtert erreicht sie die beruhigende Stille der Hütte. Seine Präsenz ließ sie in keinem Moment los.

Sie entzündet alle Lichter und fügt sich.

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Freitag, 8. September 2017
Fragen
Nach einer extrem schlechten Nacht steht sie zerschlagen auf. Kaffee holt sie schleppend in ein düsteres Dasein, hinaus aus einem Traumland, in dem es zwar Probleme gibt, er aber immerhin anwesend ist.

Das Paradoxe schrieb sie bereits gestern nieder: Gleichzeitig ersehnt sie seine Nachricht, ersehnt ihn, wie jedes Mal, und denkt an Szenarien herum, in denen sie seine Briefe ignoriert, ihn ignoriert.

Auch wenn sie es dieses Mal für durchaus möglich hält, dass sie es schafft, ihm zu widerstehen, zumindest aber für realistischer als in der Vergangenheit, ist es doch irgendein Fehler in irgendeinem System, der diesen Widerspruch gebiert. Was ist da los?

Eine Schwachstelle ist eindeutig, dass sie nicht die innere Entscheidung getroffen hat, ihn nicht zu lieben. Warum nicht? Warum nicht? Sie ist alt genug, zu wissen, dass auch er nicht ein 'Einziger' ist, der in ihrem Herzen wohnen kann. Sie ist längst erfahren und sicher genug, allein das Leben zu bestreiten und zu genießen. Übrig bleibt die Frage: was genau erhofft sie, bei ihm zu bekommen? Nie enden wollende Aufregung? Drama?

Niemals trifft sie Beschlüsse gegen ihre Gefühle. Ist das ihre Lernaufgabe?

Sie bedenkt mögliche Strategien. Heute wird er sich nicht melden, das fühlt sie. Sie kennt die äußeren Anzeichen für einen Umschwung seines Handelns nur zu gut. Das gibt ihr Zeit. Soll sie von Tag zu Tag agieren? Jeder Tag ein Etappenziel? Soll sie sich rigoros verschanzen, keinen Durchschlupf zulassen? Soll sie sich dem Leben überlassen, nicht versuchen, die Entwicklung zu beeinflussen?

Sie ist völlig ahnungslos.

Allerdings hat sie bislang alle Lösungen gefunden. Früher oder später.

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Donnerstag, 7. September 2017
Distanz
Fast routiniert gehen sie sich aus dem Weg. Beide wissen in ihrem Abstand, dass sich nichts geändert hat.

Gleichermaßen ersehnt sie seine Nähe und fürchtet seine Nachricht.

Panik hat sie nicht mehr. Sie ist sich selbst genug und wird jede Situation meistern.

Auf dem Rückweg zur Hütte kehrt sie beim Sattler ein; sie hat sich ein paar Lederschuhe schustern lassen. Außerdem hat sie sich Wams und Bustier in weinroter Farbe schneidern lassen, das wird sie morgen abholen.

Der Duft der frischgegerbten Tierhaut begegnet ihr hier und da in ihren Lebensräumen. Sie entzündet dicke Stumpen und genießt das heimelige Licht in der Dämmerung des Tages.

Sein Amulett hat sie tief vergraben. Seine Glieder binden sie unverändert, so tief kann keine menschliche Hand reichen.

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unsichtbare Unverwundbarkeit
Stockdunkel. Wenn sie des Nachts erwacht oder auch am Morgen, sind ihre Gedanken bereits da und unterreden sich leise mit ihm, teils ganz ohne sie selbst. Dabei antwortet er nicht und ist aus Pappmaché. Der Schmerz ist nicht zerreißend oder besser gesagt: grad fällt ihr auf, er ist gar nicht da; vermutlich weil sie partout nicht zum tausendsmal so tief hinunter will. Eine andere Macht hält sie unter sanfter Fessel schützend zurück.

Wenn sie ihn trifft, meidet sie strikt seinen Blick. Damit geht es ihr besser und sie versteht überhaupt nicht, warum er den Kontakt einige Male sucht. Manchmal ist sie versucht, ihn erneut zu bitten, einen etwas größeren Abstand einzunehmen. Einen weiteren Blick in ihr Herz wird sie ihm nicht gewähren.

Ab heute wird er sie ebenfalls meiden, denkt sie.

Sie wartet, bis sich endlich die verlorenschwarze Silhouette der Baumkronen gegen das dunkelgraue Haus Gottes abgrenzt. Bitterer Kaffee trifft auf ihren flatternden Magen, sie ist froh, dass sie sitzt, kuschelig und wärmend umhüllt von weichen Kissen und Decken. Der Plan fasst sie (nicht andersherum), dass sie sich wunderbar kleiden und frisieren wird, und sich dem Leben entgegenwerfen und in undurchdringlicher Rüstung stellen wird.

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