Sonntag, 30. Dezember 2018
Tempel
Sie erwacht in eine Welt, die unfassbar still ist, und unglaublich dunkel. Zuerst bemerkt sie nicht die Stille und die Dunkelheit, werkelt vor sich hin, entzündet 1.000 Lichter, kocht Kaffee und lässt sich dann nieder an ihrem geliebten Platz, ordnet die Gedanken der Nacht. Und da schieben sie sich vor ihren Sinn, die umfassende Lautlosigkeit und die lebendige, endlose Schwärze.

Seit Jahren bereits geht sie ihren neuen Weg ohne Ziel, ohne Plan, recht verhalten. Dadurch, dass sie nicht weiß, wo sie hingehen soll, setzt sie jeden ihrer Schritte sachte, wartend, immer wieder auf die Frage lauschend.

Oft hört sie noch nicht einmal die Frage, doch heute, endlich, leise am Horizont klingend, vernimmt sie die Worte: Will sie so weitermachen? Will sie sich weiterhin in seine Arme legen? Will sie sich einrichten in die geänderten Vorzeichen, von außen würde sie es selbst bewerten als ein sich Begnügen mit dem, was ihr gegeben wird?

Sie ist froh, es notiert zu haben, denn nun fallen weitere Töne ein: was wird ihr denn gegeben? Was gibt er ihr? Mal ganz abgesehen davon, was sie sich einst wünschte, mal den Blick frei von Plänen und früheren Erwartungen auf seine Gaben gerichtet, was sieht sie dort?
Im Vordergrund steht ihr eigenes Herz, hellrot, pulsierend, frei, kraft- und temperamentvoll. Gleich gefolgt von ihrer fein gesponnenen Liebe, aus filigranen Gold- und Silberfäden, mit seichtem, verschwommenen Glanz. Und dann sieht sie seine Treue, Beständigkeit, Kontinuität. Sie sieht sein feines Herz, hellblau, Lebensquell eines Künstlers, die immense Länge seines Blicks, weit über die Grenzen ihres Universums hinaus. Sie sieht seine unsicheren Schritte in ihren Fußstapfen, sieht ihn ihr folgen trotz des fehlenden Verstehen, sieht sein Empfangen und Willkommen ihrer Seele, darf bei ihm sein.

Und sie sieht den Ausschluss weiterer Fragen, die nicht gestellt werden dürfen.

Und die Antwort auf die Frage, ob sie ihm weiter folgen will, lautet einfach 'ja'.

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