Samstag, 27. August 2022
freie Zeit
Früh steht sie auf; nicht zu früh. Es ist zu warm, als dass sie Kleidung anlegen mag. Angefeuert ist schnell in der blitzblanken und geordneten Hütte, Kaffee fix gekocht. Fetzen von Dorfgeräuschen trägt der gemächliche Sommerwind durch die weit geöffneten Fenster, Meisenzwischern, Hühnergackern, von Ferne kraht ein Rabe, die Tauben sind still.

An keinem Ort und zu keiner Zeit fomuliert sie es aus: Der Wolf kommt nicht, und er wendet kein Wort an sie.

Er fehlt in ihrem Herzen, Druck von Trauer drängt gegen ihre Seele..

Sie rührt sich nicht.

Die drängenden Aufgaben und Ziele der Jugend sind verschwunden. Noch nie ist ihr das bewusst geworden. Vor ihr liegen Optionen, sie sorgt für sich selbst und für Schutz und Sicherheit im Alter, doch es zieht sie nichts mehr mit Macht in eine oder eine andere Richtung.
Grundsätzlich genießt sie diese Freiheit, und bemerkt auch eine gewisse Fadheit.
Würde eine Liebe etwas daran ändern?

Keinesfalls lässt sie sich erneut auf eine Rolle als Gefährtin ein, mit der Schwere von Pflichten der Vergangenheit; nein, das liegt hinter ihr. Sie ist gesund, klug, frei, und sie wendet sich nicht rückwärtig.
Ein Mann, stolz und aufrecht im Geiste, davon ist wohl nur zu träumen. Oder sie trifft ihn nicht, weil er ihr zuviel wäre. Sie nickt, versunken in ihre Gedanken.

Plötzlich fröstelnd schlüpft sie in ein Leibchen, als die Morgenluft ihre Haut mit einer Gänsehaut belegt, holt sich etwas weiteren Kaffee, und ist froh über die freie Zeit.

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