Sonntag, 18. April 2021
Insel
In der Nacht erlauben die Weisen einen Blick auf Wahrhaftigkeit und Wahrheit, Verbote und Grenzen heben sich für ein paar Momente auf. Seltsamerweise landet sie wieder auf einer Insel. Einige Details verschwinden schnell in den Nebeln der Flüchtigkeit.
Sie strandet, mit ihr ein paar Menschen. Das Eiland ist unberührt und einfach, in ihrem wenigen Gepäck fehlt es an fast allem. Dennoch gelingt die Ankunft. Wanderungen ins Innere führen zu Wasser und Nahrung, und auch eine Behausung entsteht.
Für Gedanken der Entmutigung und des Haderns ist die Zeit viel zu kurz - vollkommen unerwartet landen große Schiffe an und ankern direkt am Ufer. Die Passagiere erreichen geschäftig das Land, es sind Film- und Theaterleute, die ihrem Werk nachgehen. Im Handumdrehen verwandelt sich die natürliche Umgebung in einen von Gassen und Buden durchzogenen Ort, in denen Pomp und Allerlei feilgeboten wird.

Es ist klar: abends werden die Ankömmlinge die Gestrandeten wieder mitnehmen, zurück in die gewohnte Zivilisation. Ob das ein Glück ist? Sie schwankt zwischen Erleichterung und einer versteckten, verborgenen Wehmut.

Sie erwacht und gestaltet ihren Tag mit Routine und Zuversicht, backt Brot, legt frischgewaschenes Leinen ordentlich Kante auf Kante, lässt den kühlen und blumigen Frühling in die Hütte hinein. Sie spürt die Festigung ihrer Änderungspläne und setzt auch den Wolf auf den Prüfstand - zum 1.000sten Mal. Beiläufig verräumt sie das Körbchen für seine Liebesnachrichten. Auch die Waldarbeit wird sie wandeln.

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Mittwoch, 14. April 2021
Wunderbare Inseln
Verträumt und geistesabwesend blickt sie aus dem Fenster.
Ihr Blick, nein, sie selbst verliert sich in der Weite, wird kleiner und kleiner, warm umhüllt von seiner Liebe, liebevoll umfangen von seinen Armen.
Küsse und Lippen verschwinden ineinander, genauso wie die Finger und Herzen.

Gedankenverloren sinkt sie zurück in ihr Leben, in ihre runde Welt, veredelt und voll Glück.

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Sonntag, 28. März 2021
Das achte Jahr
Er fehlt ihr. Das 'Jetzt', das grad entsteht, erscheint ihr leer ohne ihn. Sie nimmt es dem Universum ab wie das Mus dem Fleischwolf und lebt es behende und gewandt.

Erneut - zum tausendsten Mal - bereitet sie sich darauf vor, ihn loszulassen.

Das achte Jahr beginnt.

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Donnerstag, 25. Februar 2021
hautnah an der Entstehung des Jetzt
Sie erwartet seine Nachricht, und diese trudelt ein. Sie beschließt die Arbeit, wandert zur Hütte, erledigt die gewohnten Handgriffe zum Tagesende, und kuschelt sich nah der Feuerstelle gemütlich ein.
Es dauert einige Zeit, bis er eintrifft, und sie fremdelt etwas. Er, gelassen und beruhigend, entschleunigt, verlangsamt die Zeit, bereitet den Rahmen, lässt sie ihn lieben, bis das erste Mal vorüber ist, das erste Mal, das sie scheut und manches Mal fürchtet.
Dann, auf gleicher Höhe, lieben sie sich, zuweilen mit den Körpern, und auch mit den Herzen, den Seelen, dem Verstand.
Er schenkt ihr viel Zeit, sie schenkt sich her, so wie er es mag.
Viel Gewohntes ist dabei, genügend für Freiheit und Offenheit, einige Erinnerungen fallen ihnen ein, und unbemerkt entsteht Neues, Besonderes, einem Fabelwesen ähnelnd. Dazu passt die Geschichte, die er leise sprechend nebenbei erwähnt.

Gelöst entsteht die Gegenwart.

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Freitag, 19. Februar 2021
beruhigender Blick
Seine Nachricht liegt im Körbchen, klein, unscheinbar, leuchtend, versehen mit seinem hintergründigen schönen Lächeln.

Ihre Pflichten verhindern ihren Exkurs, doch sie ist sich seiner lieblichen Begleitung sicher.

Stille tritt wieder ein, ohne jeden Ton.

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Sonntag, 14. Februar 2021
ohne
Er fehlt ihr.

Oder ist es einfach Gesellschaft, wärmender Kontakt, die ihr abgehen?
Sein Herz rückt mehr und mehr in die Ferne, immer weiter weg von ihr.

Keine Nachricht von ihm im Binsenkörbchen.

Sie wird den Tag genießen, angefüllt mit handwerklichen freudebringenden Tätigkeiten, und sie wird seine Abwesenheit vergessen.

Ein wenig Frösteln überkommt sie, sie schürt das Feuer an und holt sich eine weitere Tasse Kaffee.

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Donnerstag, 4. Februar 2021
Wolfsliebe
Sie übereinkommen mit heimlichen Blicken, sie erreicht die Hütte vor ihm.

Sie nehmen sich nur wenig Zeit.

Sie ist etwas aufgeregt, er legt seine Hand auf ihre Mitte.

Es ist wie immer anders als alle anderen Male, sie ist aufgeregt und ruhig zugleich.

Sie sind zusammen, vorher, jetzt, und nach ihrem Treffen.

Sie küsst ihn liebevoll.


Müdegeliebt sinkt sie später in ihre Kissen. Sie schläft traumlos.

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Dienstag, 2. Februar 2021
Mantra für Heil
In der Nacht bricht sie auf zu einer kleinen Gute-Nacht-Tour durch die Dunkelheit. Sie geht am Rand des Waldes entlang, zu dem die Lichter der Siedlung hinüberscheinen und sie geborgen einschließen, und durchquert auf ihrem Rückweg die Ansammlung der Hütten.
Frische klare Luft bringt Freiheit und Entlastung, und sie huscht schnell in die Wärme zurück, nimmt ein weiteres, dickes Federbett aus der Truhe, bezieht es mit sauberem Leinen und kuschelt sich unter den Daunenberg.

In der Nacht finden ihre müden Glieder und Gedanken Erholung und Kräfte, sie schläft bis weit in den Tag hinein.

Erstaunt hängt sie morgens die Tücher von den Fenstern ab und blickt in den herrlichen, farblosen Tag. Sie lüftet alle Räume, feuert an, kocht Kaffee und setzt die am Vortag gewässerten Hülsenfrüchte zum Auskochen auf den Ofen. Sie spürt die wohltuenden Dinge, genießt sie und fühlt ihnen nach, sorgfältig und aufmerksam, und setzt sich dann intuitiv hin und notiert ihr ganz persönliches Mantra für Heil:

Zeit
Frieden
Stille
Liebesmann
ihre Kinder
Familie
Lebensmann
Herzensmenschen
Einswerden mit der Natur auf langen Streifzügen
gutes Essen
existentielle Sicherheit
ihre geliebte Hütte

Am Ende sieht sie hoch zu dem tönernen Krug, in dem sich mittlerweile einige Taler befinden, die erst ihrer Sicherheit und später vielleicht zur Verwirklichung des einen oder anderen Traumgedankens dienen können.

Verwundert blickt sie auf die Reihenfolge, die tief in ihrem Herzen entspringt, und nimmt sie an.

Ein zweiter kleiner Krug Kaffee begleitet sie in den Tag.

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Sonntag, 24. Januar 2021
Kirche des Herrn
Sie gelangt in den Tag, behutsam, gleich einem Märchenwesen, zauberhaft. Die Hoheit über das Böse, das, das zerbrechen und schwächen will, liegt in ihrer schmalen Hand, sie hat die Macht, den Eintritt zu verwehren, und sie versagt ihn bestimmt.

Ein ruhiges, beschütztes Gefühl erfüllt das Dasein - wo ist sein Ursprung? Sendet Gott die Gewalt und die Behütung? Entsteht gar alles in ihr selbst, unbemerkt und aus allmächtiger Quelle?

Sie sammelt sich, besinnt sich in heiliger Stille, bereitet sich vor auf ihre Tour in die Natur, des Herrn andere Kirche.

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Samstag, 23. Januar 2021
Blick in die Zukunft
Schäbig und zäh zieht sich der schmutziggraue Fluss der düsteren Winterzeit, viel zu langsam, durch ihrer aller Leben. Die Menschen versammeln sich abends um ihre Feuer, reden, fertigen Handarbeiten an, tischen Erntevorräte auf, ersehnen das Frühjahr, das Ende des dunklen Einerlei.

Auch an ihren freien Tagen steht sie früh auf, es ist stockdunkel. Unter der Asche findet sie etwas Glut, legt ein paar Späne darüber, die Flamme springt an. Vorsichtig nährt sie das Feuer mit kleinen Hölzern und Scheiten, um es nicht zu ersticken und hängt den Kessel darüber.
Am frischgescheuerten Tisch entzündet sie ein paar Stumpen, bereitet später den Kaffee, lässt sich gemütlich nieder und beginnt ihren Schriftverkehr.

Ihr Liebesmann begleitet sie in ihrem Herzen, an der Seite ihrer Gedanken. Er tut es hintergründig, nicht mehr bedrohlich, es ist warm und bereichernd, steht außer Frage.
Manchmal legt sie ihm morgens im Wald ein Stück Obst hin, an die Stelle seines Arbeitsbeginns, und kennt sein stilles Lächeln, auch wenn sie es nicht sieht.

Je älter sie wird, um so weniger begierig ist sie zu erfahren, was die Zukunft so bringt.

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Donnerstag, 21. Januar 2021
ein Los
Kummer und Beklemmung zeichnen ihre Tage, die Nacht wird zum Dämon, sie kämpft, und ächzt unter der Schwere des Streits.

Sie begegnen sich im Wald, ein kurzer Augenblick, und sie erwähnt ihren Enge und Bürge, nur ein Halbsatz, eine verstohlene Botschaft, die nur er entschlüsselt.
Als sie abends ihren Heimweg antritt, findet sie seine mahnende Nachricht und freut sich über seine Fürsorge.

Beim Erreichen der Hütte erkennt sie schon von Ferne seine Anwesenheit. Feuerfahnen hängen über dem Schlot, heimeliger Schein leuchtet aus den Fenstern ihr entgegen. Jetzt erst versteht sie die verborgene Bedeutung seiner Erinnerung und den lockenden Charakter.
Bald schlüpft sie unter die warmen Decken und Felle und taucht ein in ihre gemeinsame Liebeswelt, in der er sie hält und kost, in der sie lachen und schwatzen und ruhen und übereinstimmend schweigen.

Wie immer verfolgt er seinen eigenen geheimen Plan, sie folgt ihm, manchmal tastend, verhaltend, aufmerksam, genussvoll, manchmal stürmisch, begeistert und alle Vorsicht über Bord werfend. Sie liebt ihre Blicke, das Nachhausekommen in ihren Augen, die ruhige und unaufgeregte Vollkommenheit des Augenblicks, in dem ihre Körper so flächig und eng wie möglich aneinanderliegen, wie ein Yin und Yang. Sie genießt die Küsse, von denen sie unendlich viele erhält und vergibt. Wohlig fällt sie in die Tiefe des Edengartens, dessen Reichtümer entstanden sind durch flüchtige Attribute wie Zeit, Zufall und Liebe.

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Mittwoch, 13. Januar 2021
Zeichnung
Morgens ist sie fast sicher, dass ihre Liebesgefühle schwinden, und mittags lebt sie auf mittels seiner Silhouette, einem kurzen Lächeln.

Er zeichnet sie, verstohlen, mit fahrigen Strichen, und lässt das Papier beiläufig in ihrer Nähe liegen, so dass sie es finden muss.

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Freitag, 8. Januar 2021
Zwei in einer Welt
Sie sieht hin und wieder das Leid, liest davon, blickt mit soviel Ruhe und Freude in die Welt, dass sie es nicht nachfühlen kann, es erreicht sie nicht.

Er, er. Er sieht sie an, hat sie im Fokus, genießt ihr Glück, staunend, froh, manchmal fast ungläubig.

Sie durchwandern den Tag, jeder für sich, sie mit ihm im Herzen, er passt auf, präsent.

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Mittwoch, 6. Januar 2021
fünf Küsse
Sie erschrickt nicht, als sie seine Nachricht findet, ruhig und bewahrt liest sie seine Botschaft.
Sie ordnet ihre Dinge, verlässt den Wald, und als sie die Hütte erreicht, liegt er bereits nackt in ihrer Schlafstatt unter zarten Stoffen und Federn und Decken und umfängt sie warm.

Sie lieben sich, sie küssen sich, sie stärken einander, sie diskutieren hitzig, und es gibt keine Gefahr, nicht die Spur. Sie die Königin der Kelche, er ein Kelchkönig.

Es ist ein durchscheinender, unauffälliger Mantel von Glück, der sie vereint, an den Seiten der Schlafstatt herabfällt, sich auf den Dielen wellt. Sie bestellt sich fünf Küsse, er gibt ihr fünf.

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