Sonntag, 7. Oktober 2018
Tagesritt
Heute morgen willigt sie in das Allein-sein ein. Sie ist zufrieden, einverstanden, frohgemut, wissbegierig.

Er wohnt in ihrem Herzen, sein Amulett beschwert ihren Hals, ihr Blick ist frei und ruhig.

Heute morgen wird sie zu einer langen Wanderung aufbrechen, und zwar mit anderen Wanderern. Etwas unsicher zieht sich ihr Inneres zusammen, sorgfältig maskiert sie ihre Seele und bereitet ihren Proviant zu, legt alle Untensilien zurecht.

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Samstag, 6. Oktober 2018
nichts
Herrlichster Morgen. In ihr ist die heilende Wirkung langen Schlafs. Ansonsten Stille. Nichts. Frieden, der aus der Abwesenheit von allem besteht.

Sie ist glücklich.

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Freitag, 5. Oktober 2018
verborgen
Gleißendes Sonnenlicht flutet an die Hütte. Alte Weiber schießen seidene Fäden umher; die Luft schwirrt und sirrt voller später Mücken und wieder flügge gewordenen Wespen.
Sie lässt die Zeit verfliegen, langsam, fast zärtlich. Ihr müder Blick wandert ab und an in die leere Ferne, senkt sich dann wieder ins Hier.

Sie hat alles, was sie braucht, ruht viel, genießt den Müßiggang, wartet leise und im Verborgenen.

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Mittwoch, 3. Oktober 2018
einsame Reise
Sie bereitet sich vor und legt alle notwendigen Dinge zurecht. Messer, kleines Kochgeschirr, eine weitere Hose, Rock, Wams, Gift, Utensilien zum Anfeuern. Alles wird verpackt und so wandert sie los. Ein letzter Blick zurück; dieses Mal wird sie nicht, wie sonst üblich, am Abend zurückkehren.

Sie wandert viele Meilen. Ihre erste Übernachtung wählt sie erst tief in der Nacht, und so hört sie das heftige Rauschen von Wasser nur, sehen kann sie nichts. Sie schläft fest und tief und ungestört, in der klaren Nacht mit dem hellsten vollen Mond über ihr.
Ihr erstes Feuer genießt sie sehr, unterwegs, Zigeunerin. Heißer Kaffee begleitet sie in den Tag, gleich neben dem wilden Wasserfall. Sie wäscht sich von Kopf bis Fuß in dem klaren, eiskalten Wasser, dann zieht es sie weiter in die Fremde.

Bald erreicht sie Felder und Berge, am Ende der Welt. Sie weiß, dass die Erde noch viel größer ist und es noch viel fernerne Ort gibt, doch ihr erscheint es wie die fernste Ferne, die möglich ist. Tagsüber ist es warm, und sie rastet in der Sonne und liebt die warmen Strahlen. Hoch oben über allem spürt sie noch mehr die eigene Unbedeutendheit.

Sie geht jederzeit jenseits der größeren Wege, meidet die Menschen, sucht schmale, ausgetretene Pfade, manchmal von Tieren geschaffen. Die ungewohnten Höhen machen ihr zuweilen zu schaffen und sie schläft in den Nächten erschöpft und traumlos durch.

Dann kündigt sich ein Wechsel an. Der Himmel zieht sich zu, die Nächte sind nicht mehr klar und ein wenig wärmer. Sie erinnert sich an die Wärme und Geborgenheit, die Sauberkeit und die Ordnung der Hütte und wendet sich dem Heimweg zu, stapft los, plötzlich eilig, entschlossen. Am liebsten wäre sie an einem Tagesmarsch zurück, aber das ist unmöglich, zu groß ist die Distanz. Zwei nächtliche Pausen braucht sie, bis sie zurückkehrt in heimische Gefilde. Am letzten Tag hält sie sich nicht mehr mit Waschen und Rasten auf und sehnt sich dem Zuhause entgegen.

Endlich wieder daheim! Ein riesiger Zuber mit heißem Wasser, sie versinkt und liegt so lange im dampfenden Bad, bis Knochen und Muskeln völlig entspannt, Haare und Haut vollständig sauber sind. Dann erst macht sie sich an die Reinigung der Wäsche und Ordnung des Gepäcks.

Süß empfängt sie die herrlichste Bettstatt am Abend, sie igelt sich glücklich ein.

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Freitag, 28. September 2018
ein Tag
Noch bevor sie ihren Stift für ihre Aufzeichnungen aufnimmt, fällt ihr der Titel der heutigen Schrift ein - das geschieht sonst nie.

Kaffee steht dampfend neben ihren Utensilien auf dem gescheuerten Holztisch, der so schwer und massiv in der Mitte ihrer Hütte thront, dass sie Gottes Macht vergisst, die ihn hinwegpusten könnte wie einen trockenen Grashalm.

Ihr Blick wird nicht gehoben, sie ist nicht interessiert an Sinn und morgen, sie versteht, ohne zu denken und ist ruhig und glücklich.

Dämmerung und Wärme der Hütte umfangen sie behutsam und freundlich und locken sie in den einen Tag.

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Donnerstag, 27. September 2018
ohne Worte
Bereits am Morgen endet auch dieses schwarze Tal.

Noch etwas unsicher setzt sie die ersten neuen Schritte, setzt später einen Teig an, backt ein kräftiges Brot.

Mittags lässt sie sich nieder; obwohl die Sonne strahlt wie im Hochsommer erwägt sie nicht, die Hütte zu verlassen. Nach einem stärkenden Mahl will sie etwas ruhen und nickt ein.

Und verpasst so seine Ankunft.

Er küsst und herzt sie, liebevoll umfangen seine Arme ihr Herz, sie lieben sich, kein Wort fällt. Sicher tanzen sie auf schon oft betanzten Wegen, drehen sich anmutig und gewandt, ohne Angst, innig und verbunden, unspektakulär und grandios.

Die langen Monate der Sprachlosigkeit wirken noch nach, doch sie beide verstehen sich auch ohne diesen Austausch.

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Mittwoch, 26. September 2018
kalt
Sie ist einsam.

Mehr denn je liegt auf ihrer Hand, dass niemand da ist, kein jemand, der sich sorgt, sich umkehrt, wo sie bleibt, kein Blick, der auf ihr ruht.

Die Hütte empfängt sie kalt.

Sie ist innerlich erstarrt, starr, klein. In der Nacht erwacht sie von Übelkeit, so schlimm, dass sie sich eine Schale an die Bettstatt holt. Morgens erwacht sie früh, ohne Lächeln, ohne Mut.

Sie kocht sich Kaffee.

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Dienstag, 18. September 2018
Versprechen
Das Leben wird nach vorn gelebt und rückwärts verstanden - so sagt ein kluger Geist.

Er ist nicht ganz weg. Er küsst sie nicht und hält sie nicht im Arm, und manchmal verliert sie sein Band und spürt den diffusen Schmerz in ihrer Seele - doch dann ist er nicht ganz weg und sie bewahrt ihre Lippen für die seinen.

Sie ist blind für das vor ihr Liegende und lebt in das Ungewisse und hat auch das Vergangene noch nicht erfasst. Sie vertraut in das Leben und in sich und bewegt sich zumeist anmutig der Zukunft entgegegen.

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Montag, 3. September 2018
Fragen
Heute morgen geht ihr die Unsinnigkeit ihres Tun durch den Kopf. Was macht sie da eigentlich?

Wieder steht sie allein auf, und dazu lädt sie noch riesige Unwegbarkeiten von anderen in ihr Leben ein.

Er ist nicht mehr frei. Sie schilt sich ein wenig, und streckt ihre Hoffnung und Gedanken wieder in die Richtung eines anderen Mannes aus.

Vielleicht bedient sie nur ein ungelöstes Muster aus ihren Kindheitstagen? Und es ist gar nicht Liebe, die sie bei ihm hält?

Jetzt hat sie es soweit geschafft, nun wird sie auch noch den Rest des Weges zurücklegen können. Sie wird sehen; weiterhin tut sie einfach nichts.

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Sonntag, 2. September 2018
er war nie weg
In der Nacht hört sie seine tappenden Schritte durch die Hütte. Er wirft sich zu ihr, freudig und in Erwartung ihrer Freude. Kein bisschen unsicher finden sie sich, auch wenn die lange Zeit der Entbehrung mit anwesend ist.

Er liebt sie, wie er es immer getan hat. Sie sprechen kaum ein Wort, es wirken ausschließlich andere Verständigungen.

Später geht er wieder, küsst sie, und versteckt seine Eintrittskarte an dem nur ihnen bekannten Platz. Ob er wiederkommen möchte oder es aus Ordnungssinn tut, weiß sie nicht. Oder doch, sie weiß es, beide Gründe stimmen.

Der Auftritt der Sonne auf der Weltenbühne, glühendorange und hell, wie an einem Sommermorgen, ist unauffällig und fast nebensächlich. Sie steht auf und sein Geruch begleitet sie. Sie, die reichste Frau der Welt.

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Freitag, 31. August 2018
Bekenntnis
Er kündigt sich an; sie weiß nicht, ob er kommen wird.

Sie kennt jedoch seine Sehnsüchte, gleich ob sie Küsse oder nur das bloße Aneinanderliegen erhoffen.

Sie ist viel ruhiger als in den Monaten, in denen sie glaubte, er wäre ihr fremd.

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Dienstag, 28. August 2018
erneut nicht verlassen
Erneut hat er sie nicht verlassen. Er hat es angekündigt, fast zerstörerisch, sicher war er davon überzeugt, das zu wollen und zu können, er war weit weggezogen, bis in die Arktis, zum weit entferntesten Ort auf dieser Erde. Und er hatte die Herkunft ihres Verbindungsbands grob unterschätzt, denn es kommt von viel weiter her als der entlegendste Ort auf dieser Welt, an dem er sich vor ihr verbergen kann.

Sie liegt glücklich auf ihrer Bettstatt, den leeren Blick dem Himmel zugewendet, niemand ist bei ihr und doch ist sie keineswegs allein.

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Montag, 27. August 2018
in Liebe
Er kommt, befolgt ihre Regeln, küsst sie, ein bisschen wie probehalber. Sie lässt sich völlig fallen, ängstigt sich zu keinem Teil.

Sie versinken ineinander, es gibt keine Fragen und keine Antworten.

Sie entlässt ihn liebevoll, er geht in Liebe.

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Sonntag, 26. August 2018
die Zeit streicht vorbei
Sie erwacht ruhig und ausgeglichen. Der Vortag hat ihr noch einmal Kraft genommen, doch sie hat ihren Plan klar und fest im Kopf und ist ausgeruhter als gestern. Manchmal träumt sie von seiner Ankunft, ein paar Mal erwägt sie, dass es bei seinen Worten bleibt. Irgendetwas in ihr gibt ihr festen Stand und einen sicheren Blick auf die Richtigkeit des Augenblicks.

Der Engel bewacht und segnet ihre Tür.

Gemeinsam mit ihrer Mutter macht sie sich auf den Weg zu einer Anverwandten, deren letzter irdischer Hauch entwichen ist. Sie ist nicht traurig, denn auch hier liegt die Wahrheit im Moment. Sie verscheucht die verharrende Seele, ordnet die verbliebenen Gegenstände den Lebenden zu und erweitert den Abstand zwischen Anderwelt und des Jetzt.

Sein Amulett ruht auf ihrer Brust, gerade schwer genug, um sie zu erden und zu berühren.

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