Donnerstag, 23. März 2017
Tagebuch
Das Leben um sie herum mutiert zu einem Tagebuch, einer Geschichte, in der sie vorkommt, einer Chronologie von Momenten.

Sie ruft sich zur Ordnung und zollt ihrer Gesundheit und der Fülle der Welt den gebotenen Respekt. Ihr Herz ist so gefühllos, dass sie den Schmerz nur so leise spürt, dass sie nachhorchen muss, ob er überhaupt da ist. Oder tut es womöglich gar nicht mehr weh? Doch nach ihm gesucht, findet sie ihn, vollumfänglich, konturenlos, schmerzhaft.

Ergeben legt sie das Amulett um den Hals. Der nächste Moment. Und der folgende. Und erneut ein neuer Moment.

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Mittwoch, 22. März 2017
herzlos
So viele Versuche, ihr Herz auszulösen liegen hinter ihr. Nun fängt sie wieder ganz von vorn an - aber diesmal ohne jeden Elan, ohne jeden wirklichen Willen. Sie schämt sich angesichts ihrer Schwachheit und Dummheit - denn wenn sie ehrlich ist, willigt sie ein, es bei ihm zu lassen und herz- und ziellos durch das Leben zu streifen.

Sie hat keine Kraft.



Ihre Gedanken bleiben stehen, sie hält inne. Plötzlich denkt sie: selbstgemachte Leiden. In dem Sinne, dass sie genau das gewusst hatte, und es trotzdem wollte. Und genossen hatte. Sie hatte aktiv entschieden, es so zu tun und zu leben, genau wie die Vergangenheit auch gewesen war.

Nun war es vorbei, und das war folgerichtig geschehen, aber mit vorheriger Erfüllung ihrer Wünsche. Die Konsequenz ihres abwesenden Herzens ist der Preis, den sie zahlt, und das hatte sie gewusst. Sie willigt ein in die Leiden, lässt ihr Herz, wo es ist und wendet sich den anderen Dingen zu, die ihr vor Füßen liegen, alle golden und mit dem strahlenden Leuchten der anderen Welt versehen.

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Dienstag, 21. März 2017
tief verborgen
Frühmorgens veranstalten die Vögel den ersten Radau des Jahres. Frühling, Frühling mit der Macht der Klarheit macht sich breit. Fix springt sie auf und startet geschäftig ins Leben. Sie klopft aus und lüftet, schleppt Gekochtes und Gebackenes raus, das sie heute verteilen wird, ordnet alles wieder und säubert die Herdstelle. Noch feuert sie morgens an.

Wie lange noch? Bald wird es zu warm sein für ein morgendliches Feuer, dann wird sie die meiste Zeit des Tages draußen verbringen, nur in der Hitze des Mittags die kühle Hütte aufsuchen. Und auch dieser Sommer wird sich dem Ende neigen, und mit dem ersten abgemähten Korn wird sie erneut daran denken, dass sie allein ist, wir alle allein sind.

Heute denkt sie, dass sie allein bleibt. Gefasst beäugt sie ihre Trauer, würde sich immer für ihre Klugheit entscheiden, wird sich niemals mehr einem Mann unterordnen, und keinen finden, der sie an seiner Seite stehen lässt. Einen solchen gibt es nicht, das ist die Wahrheit, die vor ihr liegt. Und das Leben könnte nach vorn genauso lang sein wie das hinter ihr.

Demütig senkt sie den Kopf und verschließt fest ihr Herz.

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Sonntag, 19. März 2017
Kätzchen-Prinzessin
Sie hat sich ein wunderbares Brot gebacken, mit getrockneten Kräutern des Vorjahres; der leckere Duft erfüllt die Hütte und sie löst sich darin.

Eine Scheibe Brot in der Hand tritt sie vor die Hütte, angezogen von dem Sein an sich. Der wilde Wind umgarnt sie und flüstert ihren Namen ...Kätzchen-Prinzessin... er umhüllt sie mit den Worten wie mit einem fließenden Umhang. Sie wundert sich, immer noch so zu heißen und erkennt, dass es ihr Name war und nicht seiner. Er hatte sie bei ihrem Namen genannt, ohne dass sie selbst wusste, wie er lautet.

Sie öffnet ihre Seele und lässt alles los. Satt und zufrieden beginnt sie ihre Arbeit.

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dritte Welt
Bereits früh wird es hell. Sie tritt vor die Hütte und sieht auf - tja, auf was sieht sie? Sie bemerkt, dass es kein Wort für das gibt, was sie meint. Sie sieht nicht auf die Dinge, nicht auf das Leben, nicht auf die Welt, nicht auf das Universum. Sie sieht auf das Unbeschreibbare, das Flüchtige, das Durchsichtige, das Große, das hinter der Welt liegt, die dritte Welt, die der Dozent letztens vergessen hat zu erwähnen.

Wissen wohl alle von dieser Welt, sind aber noch nie hingewiesen worden auf dieses Wissen, ist es unbewusst in jedem vorhanden? Oder weiß nur sie von dieser Welt?

Am Horizont geht die Zukunft auf. Sie steht still und ruhig, begrüßt das Neue, kann mit Ruhe und Zustimmung auf das Gewesene blicken, sieht, warum es so war und warum es so sein wird. Sie fügt sich ein in den Lauf der Dinge, ist nicht betont dankbar für das Erhaltene und tut sich nicht schwer, es ziehen zu lassen (ein wenig ist sie froh, dass es endlich gehen mag). Das Neue ist ihr willkommen, ebenso nicht übermäßig, es mag kommen, wenn es an der Zeit ist. Sie steht einfach vor der Hütte und sieht auf das, wofür es kein Wort gibt.

Ihre Gedanken kehren zurück ins Gestern, dort verwandelte sie sich plötzlich in eine Taube, nicht in eine weiße, besondere, sondern in eine graue, normale, unscheinbare, wie es sie zu Millionen überall gibt. Sie erhob sich und versah ihr Tagewerk, das Tagewerk der Tauben, ein Teil von ihr blieb zurück, es war ein toter Teil, und ein nicht körperlicher Teil entfloh, erhob sich, trennte sich. Auch als sie später zurückkehrte, zurückkehren musste, es war ein unspektakulärer, und dennoch besonderer Moment, nichts war mehr wie vorher.

Mit ihrem Sein verlässt sie die dritte Welt, in der sie Gast und Bestandteil gleichzeitig sein darf, sie seufzt und wendet sich der Hütte zu.

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Samstag, 18. März 2017
Ein Blick in die Ewigkeit
Eine erneute Nacht, die sie in der Gemeinschaft arbeitet. Sie hastet hin und her, alle Handgriffe sitzen, niemals vergisst sie ein tröstendes Wort, eine liebe Geste, einen freundlichen Blick.
In dieser Nacht hat sie eine Begegnung. Ein junges Mädchen sieht sie an aus jahrtausend alten Augen. Ein besonderer Hauch berührt sie.

Unvermittelt endet der Schmerz des Amulett. Für einen Moment fühlt sie sich wunderbar geschützt und geborgen. Dankbar hält sie inne, achtet den Moment. Dann eilt sie weiter und setzt ihre Arbeit fort.

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Freitag, 17. März 2017
Stunde Null
Ausgesprochen wurde es, er hat sich abgewendet, sich verschlossen, seine Silhouette verschwindet am Horizont. Sie ist keine Kätzchen-Prinzessin mehr, ihr güldenes Haar fiel aus, er verließ sie mit der Entscheidung, nicht zurückzukehren.

Unschlüssig starrt sie auf seinen Amulett, erwägt, es abzulegen. Kann es nicht. Legt es unter Schmerzen um ihren Hals, wischt alle Gefühle aus sich heraus, beginnt den Tag.

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Donnerstag, 16. März 2017
nicht da
Nun war er also wirklich weg. Sie unterbrach sofort jede Wahrnehmung. Jeder Gedanke wurde verloren. Sie starb aktiv, sie machte sich tot. Keine Bewegung, kein Atemzug. So würde sie verharren, bis neues Leben entsteht.

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Mittwoch, 15. März 2017
ja
Der Himmel liegt wattig und hellgrau - alles im Einerlei - zäh auf der Welt. Hier und da ein kleiner Spalt; sie geben lustlos wenig hellere Hinweise auf das dahinterliegende Paradies, unscheinbar und schwach.

Auch ihre Energie ist noch nicht angesprungen, der Motor summt nur leise, Ruhemodus, als hielte ein machtvoller Geist ihre Lider und Kraftwellen niedergedrückt. Langsam hebt sie den Blick und sieht ihm fest in die Augen, lässt ihn weichen und gewinnt Spaß an diesem Spiel. Sie gewährt dem Lächeln die Oberhand, legt ihre Werkzeuge zurecht, richtet ihre Stärken, weckt ihren Körper und erhebt sich gelassen und klar. Ja, sie wird diesen Tag leben.

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Montag, 13. März 2017
Null
In den Untiefen ihrer Seele, unauffindbar versteckt, vegetiert ihre Trauer.

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Sonntag, 12. März 2017
ein bisschen
Sie hat das herrlichste Heim der Welt. Die Natur scheint wie in Trance zu sein; leicht unwirklich, wie schön, friedlich, idyllisch alles im hellen und ruhigen Sonnenschein da liegt und einfach ist.

Sie schrubbt alle Ecken ihrer Hütte, lüftet den ganzen Tag, schüttelt tausend Decken und Kissen ausgiebig aus und legt sie in die Luft und die Sonne. Niemand streift um sie herum und streunt durch die Gegend, um ab und an zurückzukehren und vorbeizuschauen und sich einen Brocken abzuholen.

Die Gänse schnattern; ihr Glück ist vollkommen.

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Donnerstag, 9. März 2017
Muschel
Eins ist in jedem Fall klar: Sie verschließt sich komplett und fest wie eine Muschel, und sie sollte diese Wunde niemandem mehr zeigen und selbst am besten nie mehr ansehen.

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mitten im Leben
Mitten im Leben, dort steckt sie fest. Manchmal sieht sie sich selbst als klug, gut vorangekommen, auf geordnete Verhältnisse und eine chronologische Vergangenheit blickend, bereit für neue Geschehnisse und Herausforderungen. Dann wieder steht sie urplötzlich und - vielleicht sogar gleichzeitig?? - erneut GANZ AM ANFANG! Leicht philosophisch angehaucht und ganz sicher vom eitlen Ego befeuert denkt sie darüber nach, ob diese bislang angenommene Abfolge eines Nacheinander gar nicht stimmt. Oder nur eingeschränkt, immer wieder hin- und herspringend, zwei Schritt vor, einen zurück?

Sicher fühlt sie nur eins: trotz aller Ablehnungen und Zurückweisungen, sie liebt ihn. Es ist wahrscheinlich das Gegenteil von klug, demütig, richtig und allem anderen.

Einen Gewinn hat sie allerdings erhalten, diesen wird sie mitnehmen in ihre Zukunft: Sie hat gelernt und erfahren, dass die Liebe stärker ist als Vernunft. Und sie bejaht die dominante Relevanz der Liebe aus vollem Herzen. Sie wird dort sein, wo die Liebe ist, und wo sie fehlt, wird sie ihr Herz nicht berühren lassen.

Das war etwas, was sie in dieser Klarheit bislang nicht gewusst hatte.

So steht sie, mitten im Leben, in gespannter Haltung, in Erwartung des Kommenden, bereit zur (Re-?)Aktion. Erdulden und Ertragen liegt ihr nicht so.

Aber es kommt nichts. Sie steht still, bewegungslos, nichts geschieht. Ihre Augäpfel rollen zur einen Seite, dann zur anderen. Nichts geschieht. Ihr Blut flaniert durch ihre Adern und tut so, als ob nichts wäre.

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Mittwoch, 8. März 2017
undurchdringlich
Schlimmer Streit, verletzende Worte, schlimme Gefühle, sie spürt die anklagende, entlarvende Schuld auf ihren Schultern, widerlicher Schmerz.

Lautlose Tränen, schlechte Gedanken, sie verlässt die Gemeinschaft und igelt sich ein, verschanzt sich, verhärtet sich undurchdringlich. Kein Wort verlässt ihr Herz.

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Dienstag, 7. März 2017
Wo es wehtut, geht es lang
Leicht krank kehrt sie zurück in ihre Hütte, etwas früher als gewohnt. Mit Kräutern und Umschlägen bettet sie sich früh zur Ruhe und schafft einen langen, heilenden Schlaf. Morgens bereitet sie sich erneut unterstützende Mittel und Bäder, geht langsam, aber geschäftig hin und her. Sie liebt ihr Heim sehr und ist dankbar und glücklich.

Sie wird ihn loslassen. Ohnehin weiß sie, dass ihr nichts anderes übrig bleibt. Frühere Erfahrungen lehrten sie, je eher sie sich fügt, um so besser geht es ihrer Seele. Und: 'da wo es wehtut, geht es lang!' hatte sie ein weiser Mitmensch gelehrt und immer wieder bemerkte sie, dass das wahr ist.

Irgendwann würde sie die letzte versteckte Hoffnung vergessen. Heute beachtete sie einfach nicht, als Anfang.

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Montag, 6. März 2017
lächerlich
Sie schilt sich lächerlich. Wie dumm ist sie, diese Gefühle für ihn zu haben? Er liebt sie nicht, er will sie nicht, er würdigt sie keines Blickes und keines Wortes mehr, jedenfalls nicht über einen 'guten Tag' hinaus.

Sie kommt sich unzulänglich vor, dumm genug, ihn zu lieben und dumm genug, an ihrer aussichtslosen Liebe festzuhalten.

Ihr ausgefüllter Tag hilft ihr über die Zeit hinweg. Sie sieht ihn niemals an.

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