Liebesgeschichte eines Wolfs und einer Katze

Ein Platz in ihrem Herzen wird sicher von ihm bewohnt, er zieht nicht aus, sie verliert ihn nicht.

Seine Küsse auf ihrer Haut bleiben, Wasser wäscht sie nicht weg.

Sie kuschelt sich in ihre Decken und lächelt in die Dunkelheit.

Mittlerweile ist sie sich sicher: sie liebt ihn. Sie wünscht, dass es ihm gut geht; wenn der Preis dafür ihr Verzicht auf seine Gesellschaft ist, will sie ihn zahlen.

Doch sie braucht diesen Preis nicht zu zahlen.

Ihr Herz ist ruhig und glücklich, sie liebt ihn. Sie liegt auf dem Rücken und sieht über sich den Himmel, der so unendlich wie die Weite ihres Herzens ist.

Sie liebt ihn.

Er kam und sie liebten sich. Zärtlich, langsam, schwitzend, sich im Arm haltend, einander verwöhnend. Sie gab sich ihm vollkommen hin, unspektakulär und ohne Angst.

Ihr Magen zog sich nur wenig zusammen, als er aufstand, sie fügte sich in das erwartete Gefühl des Verlassenwerdens. Doch er löschte lediglich alle Kerzen und kehrte zu ihr zurück, hielt sie im Arm und blieb die gesamte Nacht bei ihr. Sie schliefen beide schlecht, dennoch sog sie jeden Moment in sich auf.

Momente, das war es, eine Aneinanderreihung von Momenten.

Sie grinste breit und liebte das Gefühl, mit dem sie mit den Füßen fest auf dem Boden stand. Ihr Schritt war federnd und freudig.

Ankommen, das wär was. Sie lächelte und fühlte Glück.

Sie erwachte, einsam. Liebe war nicht in ihr, kein einziges bisschen. Sie begann zu befürchten, dass er nicht wieder kam, doch dann bemerkte sie: sie ersehnte fast, dass er nicht wieder kam. Erst dieser Umstand würde sie befreien.

Vorsichtig startete sie einen weiteren Versuch, ihn zu vergessen.

Sie war den ganzen Tag gewandert, ohne Pause, mit schwerem Gepäck. Ihre Schulter schmerzte, ihre geschundenen Füße und Beine waren gefühllos. Endlich erreichte sie ihren Schlafplatz, sie feuerte an und richtete ihr Lager. Sie kuschelte sich zwischen tausend Decken und Kissen und verschwand in ein schwarzes, flüssiges, warmes Traumland, dessen feinfühlige Winde sie spielerisch umfingen.

Worte, Gedanken, Gefühle, Bilder, Schätze brechen aus ihr heraus, weil viel zu viele in ihr drin sind. Sie lässt es zu, denn alles, was sie der Welt "gibt", kommt vielfach zu ihr zurück.

Sie ist also Multimillionärin und badet wie Dagobert Duck in der Fülle.

Heute Morgen war sie in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, hatte ihr Päckchen gepackt und war erneut aufgebrochen.

Sie wandert den Weg entlang, ihren Weg. Niemand ist an ihrer Seite, sie ist allein, sie ist ausgeglichen, sie vermisst nichts. Und niemanden.

Vögel singen leidenschaftlich und ohne tieferen Sinn, ihre Gedanken fließen durch ihren Kopf, ebenso und ohne Ziel. Ihr Schritt ist beschwingt und frei, ihr Herz ruhig und unabhängig.

Sie wünscht sich nichts und geht weiter.

Er kam wieder. Sie liebten sich mit unendlicher Hingabe und Freude, völlig allein auf dieser Welt.

Morgens war ihr Kopf völlig leer und ihr Herz lag ruhig wie ein riesiger Ozean.

er wird wiederkommen.

Sie ist wieder auf dem Weg. Allein. Seine Liebe ist nicht bei ihr, sie trauert darum, ist aber nicht traurig.

Ihr Schritt ist energisch, ihre Körperhaltung aufrecht und gespannt, ihr Tempo zügig. Sie strahlt die Welt an und die Welt strahlt zurück.

Sie ersehnt nichts, auch nicht das Ende ihres Weges und sie wendet sich nicht um. Vögel bombardieren sie mit allen Tönen der Tonleiter und die Luft umgibt sie übermächtig.

In ihrem Herzen wohnt seine Berührung.

Sie schreitet kräftig aus.

sie ist allein, bereitet sich vor auf den Tag und den erneuten Aufbruch. Aufbruch auf den weiteren Weg, der noch vor ihr liegt und dessen Ende sie noch nicht einmal erahnt. Klar hat sie Vorstellungen und Wünsche für das (vorläufige) Ende des Weges. Aber schon oft hat sie sich geirrt - nun hat sie aufgehört, Prognosen mit sich selbst zu besprechen.

Nur eins weiß sie: Der Weg wird enden. Und, sicher ist auch: es wird ein gut zu ihr passendes Ende sein.

Summend packt sie erneut ihre Sachen und geht dabei in Gedanken schon mal los.

Sie liegt auf der Seite, den Blick nach innen gekehrt. Innen, wo sich ihr eigentliches Leben abspielt. Ein Windhauch schummelt sich in ihr Haar und hebt es ein wenig an.

Das meiste passiert, wenn es still ist.

Tausend Wogen fluteten ihre Seele, tausend Hände hielten sie, tausend Küsse füllten sie aus und begleiteten sie in seine Welt, in die sie sich fallen ließ und in der sie einfach verblieb, auch als er bereits wieder gegangen war.

Vielleicht wird er erneut nicht kommen. Es liegt auf der Hand, dass ihre Liebe nicht leicht ist. Eigentlich liegt sogar auf der Hand, dass alle Handicaps auf ihr liegen, die es so gibt.

Fast alle.

Sie denkt nicht weiter darüber nach. Sie stärkt sich so gut es geht. Alle zugegebenermaßen halbherzigen Versuche, ihn nicht zu lieben sind fehlgeschlagen.

Sie liebt ihn. Sie sorgt für sich. Sie wird keine schlechten Gefühle mehr zulassen und sich gut und liebevoll verhalten. Ein guter Plan für die Zukunft.

Vielleicht wird er kommen.

Bald jährt sich ihr erster Kuss zum zweiten Mal.

Sie lächelt.

Sie hat seine Ankündigung erhalten. Sie wagt nicht daran zu denken, dass er nicht kommen könnte. Sie wagt nicht daran zu denken, dass er kommen könnte. Sie denkt nicht und überlässt sich den Spuren seiner Küsse auf ihrer Haut, den Erinnerungen an seine Arme, in denen sie liegt.

Alles ist gut.

Sie liegt auf ihrem Lager und blickt in den Himmel. Die Kälte stoppt einen Meter vor ihrer Haut, sie liegt in einem warmen Kokon von Liebe. Die Welt hat angehalten, ihr Atem geht langsam. Alles ist gut.

Er kam zu ihr. Sie liebten sich. Zärtlich, lachend, wild, routiniert, liebevoll.
Romantisch.
Wunderbar.

Sie hat am Wegesrand eine kleine Höhle endeckt. Sie ist nicht sehr geräumig und dunkel, aber rundum geschlossen mit einem kleinen Ausgang. Sie polstert sich eine Ecke mit Moos und Heu aus, bedeckt diese Bettstatt mit Fellen und facht ein Feuer an. Tatsächlich entweicht der Rauch des Feuers kerzengerade nach oben, wohin genau, kann sie nicht erkennen.

Bald ist es warm in der Höhle und sie kann ihre klammen und kalten Hände wärmen. Unterwegs hat sie Körner und Samen gesammelt, die sie zu Mehl verreibt. Wasser und Beeren ergeben mit dem Mehl einen leckeren Teig, den sie über dem Feuer backen lässt. Ein herrliches Mahl - gleich nach dem Essen sinkt sie auf ihr Lager und fällt in einen tiefen und festen Schlaf, aus dem sie in der Nacht kein einziges Mal erwacht.