Sonntag, 19. Februar 2017
Brotzeit
Es ist bereits spät als sie zurückkehrt. Sicher findet sie sich auch im Dunkel zurecht, nur einmal sucht sie einen Abzweig. Hoch ragen die Bäume in den Himmel und mächtige Büsche und Haine säumen ihren Weg.

In beherztem Tempo nutzt sie die bekannten Wege und ausgetretenen Pfade und orientiert sich an den erleuchteten Fenstern der fernliegenden Hütten.

Das Grab des Fuchses. Niemals hatte er sie allein gehen lassen. Sie legt einen hellen Stein einer früheren Reise nieder und empfängt seinen Engelsgeist, so wie ihr Liebesmann es ihr gesagt hatte.

Froh und erschöpft erreicht sie endlich die Hütte und freut sich über die heimelige Wärme; die Glut der Feuerstelle ist noch frisch und heiß. Schnell lodern die Flammen auf. Sie kocht sich Tee und nimmt von dem herzhhaften und intensiv duftenden Brot vom Morgen.

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langsame Schnelligkeit
Sie werkelt vor sich hin. Während sie ihre Hütte in ein Frühgewächshaus verwandelt - das Feuer knackt und knallt laut und geschäftig - summt sie die Lieder, die der Mann aus ihrem früheren Leben sie gelehrt hat. Heiße Tränen brechen aus ihr hervor, heftiges Schluchzen erfasst ihren Körper und sie sinkt auf einen Hocker.

Als ihr Weinen verebbt, weiß sie, ihr Leben ändert sich ab genau diesem Zeitpunkt. Nicht spektakulär, ohne Paukenschlag, sondern klar und unumkehrbar. Sie wird die Frau, die sie ist und übernimmt das Zepter. In diesem Augenblick versteht sie: Der Rückgang des Tempos erhöht die Geschwindigkeit. Staunend blickt sie auf die Erkenntnis und verschließt diese Kostbarkeit zart und sicher.

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Zweimal sieben Tage
Am Morgen schläft sie sehr lange. Eine zähe und wohlige Stille liegt wie ein dicht gewebtes Tuch über dem Draußen und gelangt lautlos durch ihr Fenster zu ihr hinein.

Schnell steht sie auf und erledigt die Handgriffe im Haus. Gleich wird sie waschen, backen, pflanzen - die ersten Treiblinge haben sich bereits emporgedrängt und aus der braunen warmen Erde erhoben - und eine Wanderung in den Wald unternehmen.

Sie gibt sich geschäftig; in ihren Gedanken ist sie erbötig und beflissen, den richtigen Weg zu wählen und abzuleisten. Mit Zuversicht an ihrer Seite richtet sie den Blick auf den vor ihr liegenden Nebel und geht festen Schrittes los. Erneut hat sie den Plan gefasst: erstmal sieben Tage, die am Freitag enden, kein Lebenszeichen, danach und ohne Unterbrechung weitere sieben Tage.

Gedankenfetzen fliegen durch ihr Gehirn, über die Funktion, die er für sie hat, über sein "wirkliches" Wesen, über das unausgesprochene Versprechen, welches er in sich trägt und das sie ahnt, über die Realität, die er für sie beide festschreibt. Keinen Gedanken kann sie richtig fassen und sie ist lustlos, sie zu separieren, einzufangen und zu formulieren. Für sie sind die Fetzen ausreichend: sie lässt sie ziehen und blickt geistesabwesend ihrem Verschwinden in der Ferne nach.

Sie konzentriert sich auf die vor ihr liegenden 5 Tage und beendet das Denken.

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