Samstag, 13. Juli 2019
Klebe-Ort
wie erstarrt hängt ihr Blick am Horizont....

Längst ist er verschwunden, sie rührt sich nicht, bleibt bewegungslos zurück.

Manchmal fasst sie Mut, oder Trotz, oder was ist es? und schmiedet Pläne für die Zukunft, für eine Entwicklung, sieht einen anderen Mann an, stellt sich vor, ihm zu folgen.

Nur wenn sie zurückkehrt zu der Haltung, ihm die Hoheit in ihrem Herzen weiterhin zu überlassen, ebbt der drückende Schmerz etwas ab, und sie kann sich sich selbst und dem Leben zuwenden.

Fast ist sie sich sicher, schon lange, dass sie irgendwann ihren großen und über diesen langen Zeitraum anhaltenden Fehler erkennt - es kann ja gar nicht anders sein - doch: immer noch ist es nicht soweit.

Und - das muss man ja auch in Erwägung ziehen - auch ihr Leben und der Kapazitätsrahmen für ihre Erkenntnisse sind begrenzt. Vielleicht lüftet sie dieses Geheimnis niemals und bleibt kleben an diesem Ort.

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Mittwoch, 10. Juli 2019
zeitstrom
Er kommt nicht mehr.

Dieser Punkt ist präsent.

Ihr Leben ist angefüllt, gesegnet wie ein bunter Weihnachtsteller. Vertrauen, Sicherheit, Vielfalt, Möglichkeiten, Liebe, Hütte, alles ist im Überfluss da.

Sie ist sehr viel auf Tour, verschmilzt mit der Natur und badet im Sein. Manches Mal versucht sie, sich die Momente zu merken. Meist ist sie zu ernsthaft.

Er kommt nicht mehr.

Sie weiß, dass sie nichts weiß.

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Sonntag, 30. Juni 2019
Hochtagetour
Stundenlang streift sie durch die Wälder. Bald ist ihr Weg frei, es ist frühmorgens, und die Sonnenwärme ist ihr willkommen. Tau der Schattenflächen dringt durch ihr Wanderschuhwerk und durchnässt ihre Socken.

Eine Ameisenstraße kreuzt ihren sandigen Weg. Schwarze, klitzkleine emsige Wesen füllen ihren Kosmos mit Arbeit und Sinn.
Bei einer Rast fällt ihr Blick auf die Kinderstube der Babyfische in der warmen Brandung des Flusses.

Brombeerranken strecken sich ihr entgegen und streichen begrüßend an ihren Armen und Beinen entlang. Sie lauscht den Vogelstimmen. Ein Bussard klagt aufgeregt und laut sein Lied. Sie erkennt Specht und Schwalben.

Sie saugt alle Augenblicke gierig ein und denkt an ihren Tod. Wird sie sich erinnern?

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Samstag, 29. Juni 2019
Herztöne
...wie immer in den Hochtagen erwacht sie früh. Die Sonne malt afrikanische Farben auf die Wälder. Sie wird eine lange Tour machen.

Ihm hat sie noch einmal geschrieben, dass ihr Herz für ihn schlägt.

Im Wald lässt sie ihn links liegen und bemerkt ihn kaum. Nicht sehr reif, ihr Verhalten, aber hilfreich für sie selbst.

Sie freut sich auf den Tag.

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Dienstag, 25. Juni 2019
careful return
Morgens fällt sie aus einem trostlosen, bedrohlichen Traum in den Tag; ohne ihn.

Sie ruft ihn herbei. Er kommt, küsst sie, lächelt sie an, reagiert ein wenig unwirsch auf ihre Berichte, hält sie aber geduldig im Arm, tröstet sie und streicht Ängste und Sorgen aus allen Bildern hinaus.

Sie lieben sich. Er befreit sie, lässt ihre Welt leuchten und die Farben zurückkehren. Nun lächelt auch sie und eilt zum Tanz.

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Sonntag, 23. Juni 2019
mitten im Sommer
Dumpf und zähflüssig hält die Müdigkeit sie im Zaum. Mit unklarem Blick, schweren Gliedern bleiben Geist und Seele im Land der Nebel, an der Schwelle zum Anderland, am Boden.

Keine Kraft hat sie, keine Kraft.

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Samstag, 22. Juni 2019
Wie viele Male habe ich bitterlich geweint
Wie viele Male habe ich bitterlich geweint

wie viele Male habe ich bitterlich geweint

1000 Mal

Ich habe aufgehört zu weinen

...

sie weint

endlich befreien dämonen die Tränen

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Sonntag, 2. Juni 2019
Geduld und andere Fragen
Kein Idyll überragt den paradiesischen Ort, in dessen Mitte sie Geborgenheit und Leben auskostet. Das millionenfache Gesinge und Gezwischter der Vögel erinnert an das Geschnatter und Gequieke der Kinder, wenn sie im flaschengrünen Wasser des tiefgründigen Waldsees plantschen und spielen. Die Pferdewiese ist überschwemmt mit tausenden von sattgelben Butterblumentupfen.

Ihre Wäsche quillt in der Lauge des Zubers. Sie sitzt still und mit hochgelegten Beinen in ihrem Sessel, trinkt besonders starken, heißen Kaffee, genießt den Sommerfrieden und erwartet gemeinsam mit ihm die große Hitze und spürt ihren noch flüchtigen Geist und die ungelenken Glieder.

Er wird ihr schreiben, in Kürze. Was soll sie antworten?

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Donnerstag, 30. Mai 2019
...sie träumt...
Der Mensch ist so einfach und plan- und phantasielos. Wenn er über seine Wünsche und Visionen spricht, erzählt er nur von Vergangenem und Bekanntem. Er malt Bilder von Dingen, die ihm angenehm waren und nennt sie seine Träume.

Wenn Gott uns nicht das Salz der Liebe geschenkt hätte, kämen wir niemals darauf, etwas Neues, noch Ungeschehenes für denkbar zu halten oder es gar zu erstreben.

Sie denkt nicht an ihn und denkt doch an ihn. Er fehlt ihr schmerzlich, sie steht still. Keine Nachricht verlässt ein Herz; und beide wissen von den Gedanken des anderen.

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Mittwoch, 22. Mai 2019
Zauberland
Vollkommen ist die Hütte, in die sie hineinerwacht.

Sie lebt in der Vergangenheit, ihn genauso präsent im Herzen wie am ersten Tag. Meist vergisst sie ihr Gefängnis. Vielleicht verschwindet es irgendwann.

Draußen fällt der Regen senkrecht vom Himmel. Sie sitzt regungslos, das beruhigende, gleichmäßige Rauschen füllt den Raum. Trotz der Wassermassen zwitschern die Vögel lauthals um die Wette. Der Hahn vom nächsten Gehöft ist weitesgehend still.

Der Regen legt einen milchigen Schleier auf die Grüntöne der Natur, die Farben werden hinter dem Wasservorhang trübe. Jetzt nimm der Guss noch einmal zu - ein Sturzbach!

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Montag, 6. Mai 2019
voran, voran
Nach dem langen, zehrenden Tagewerk macht sie sich auf, im Tröpfchennebel, durch den der Fliederduft nur schwach hindurchscheint.

Schwalben rasen und sausen durch die Lüfte, schnappen nach den Fliegen nur knapp über der Wasserlinie des Flusslaufs. Sie bewundert derer flinken Flüge, die kapriziösen Saltos und Schwünge.

Graugänse führen ihre kleinen Familien spazieren, zu Wasser und zu Land, und fauchen vorauseilend gegen ein Jungschwänepaar, das sich neugierig nähert.

Ein kleiner dunkler Kopf mit spitzen Dreiecken im grünen Ährenmeer verät eine junge Ricke.

Sie schreitet forsch voran; Gedanken und Gefühle klären sich.

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Dienstag, 30. April 2019
das Leben ist Veränderung
Und, mag der Mensch das?

Sie lieben sich. Sie küssen sich, die Zeit ist sehr viel länger als sie befürchten kann.

Als er weg geht, ist sie leer, Kopf, Seele, Verlangen, alles ist von einer heilsamen Leere gefüllt.

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Montag, 29. April 2019
Antwort
Er wird kommen, antwortet er - zwischen den tiden werden sie sich lieben.

Ruhe legt sich auf ihre Seele, sie kehrt erschöpft und spät von ihrem Kind zurück, feuert an, brüht frischen Kräutertee auf, wäscht ihr Haar, kuschelt sich in zinnoberfarbene Kissen und flauschige Tücher.

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Herrliche, freie Tage
Der Tag erwacht lange vor ihr. Sie schiebt die dunklen Tücher beiseite und findet alles in schwere, feuchte Nebel gehüllt. Dennoch lässt sich nicht übersehen, welch unglaubliche Fülle und Milde das Leben zeichnet, feist und unglaublich üppig quillt es aus jeder Spalte hervor und macht jeden Betrachter einig und reich.

Nirgendwo mehr kann sie offenbaren, was sie getan hat: sie hat ihm geschrieben und hofft auf sein Kommen.

Sie verbirgt die Wahrheit vor den Geistern und nimmt sich selbst liebend an; vertraut in sich und in Gottes Weitsicht.

Ein kleiner bedrückter Atemzug verlässt ihr Herz, dann macht sie sich auf zu der langen Wanderung zu ihrem Kind.

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Samstag, 27. April 2019
weitermachen
Sie betritt den Tag, leicht stolpernd und ein wenig trottelig wirkend; mit einer Grundtraurigkeit, mit der sie sich auch schlafen gelegt hat. Tief erschöpft von der vergangenen Woche drücken ihre Gedanken von innen an den Schädel, als wären es derer zuviele und als solle der Kopf bersten.

Ihre Hütte liegt friedlich da, die Helligkeit der Sommerfrische verheißenden Morgensonne quillt durch die weit geöffneten Fenster hinein. Gänsequäken dringt herüber, die Luft ist erfüllt von Vogelstimmen in allen Tonlagen. Das blutjunge Hellgrün der Laubbäume malt frische Flächen auf das flaschengrüne Antlitz des Waldes.

Sie beruhigt sich, nimmt die Schmerzen weniger wahr, plant, sich selbst zu umsorgen und zu schonen, ist dankbar für den Augenblick.

Tief drinnen sitzt der Stachel; sie vermisst den Wolf. Alle Fragen sind tausendmal gestellt und unbeantwortet, unbeantwortet.

Der Specht tschilpt vom Wald her, laut und kräftig, in den Moment hinein, ohne eben und gleich.

Sie steht auf und holt sich mehr Kaffee.

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