Sonntag, 24. Oktober 2021
im Dunkeln liegende Richtung
Kerzen wetteifern mit der Morgendämmerung. Ein weißlicher Eishauch liegt über den Wiesen. Sie sitzt am gescheuerten Holztisch, vor sich heißen Kaffee und ihr Schreibzeug, und hängt ihren Gedanken nach.

Warum schafft sie es nicht, die Liebeszeit mit dem Wolf zu beenden?

Wie lange stellt sie sich diese Frage schon?

Irgendwann seufzt sie und entscheidet ein weiteres Mal: solange sie nicht sicher ist, was sie tun möchte, wird sie nichts tun. Das Wissen wird sich schon einstellen, oder irgendetwas anderes.

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Segen
Jede Nacht schläft sie gut und lange. Es gibt einen entscheidenden Unterschied zu ihren Nächten zu der Zeit, in der sie noch im Wald gearbeitet hat. Keine harten Worte und Häßlichkeiten begleiten sie mehr in die Hütte, ihre Seele fliegt unbeschwert zwischen Schaffen und freiem Leben hin und her, sie erholt sich in der nächtlichen Finsternis und genießt die Morgen und Abende und die Herbstage.

Ihr zu verrichtendes Werk liegt nun im Moor. Es gilt, Torfteile, Moore, Kräuter und Insekten für Tinkturen und Heilmittel zu sammeln und vorzubereiten. Umsichtige und wohl kluge Menschen findet sie dort jeden Morgen vor, manche sind still und hantieren wortkarg und fortwährend vor sich hin. Aufmerksamkeit und Verstand gehören genauso wie Wissen und Erfahrung an diesen Ort; gespannt und wach verfolgt sie alle Handgriffe der anderen und zieht ihre Schlüsse. Manches Mal nähert sich ihr ein Weib oder ein Knecht mit zerfurchtem Gesicht, führt ihre Hand oder deutet erklärend auf eine Mulde oder zeigt ihr ein Werkzeug. Sie lernt schnell und wird täglich ruhiger und geübter, Segen stellt sich ein.

Sie ist dankbar und froh, fügt sich ein in die neue Gemeinschaft, stellt Können, Stärke und Willen in deren Dienst und gewöhnt sich schnell um.

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