Samstag, 3. Dezember 2016
Leben
Sie werkelt vor sich hin. Später erledigt sie ihre Post, legt Geld zurecht für den Holzbauern, den Gemüsehändler im Dorf, den Jäger. Sie hat auch etwas übrig für zwei ärmere Familien, und legt etwas Gebäck und einen kleinen Schinken dazu.

Im Dorf finden grade ständig Geselligkeiten statt. Wieder einmal bemerkt sie, dass sie nicht dazu gehört, nicht dazu gehören will. Die Menschen, insbesondere viele auf einmal, machen ihr Angst. Sie ist lieber allein, sie ist anders als die anderen.

Er war nicht gekommen. Irgendwo zwischen den Feldern, wo alle sich getroffen hatten, um Steine vom Land aufzulesen, hatten sie erneut Streit gehabt. Später, als sie längst zuhause war, schickte er ihr ein Briefchen und schrieb, dass er hofft, dass es ihr gut geht. Ungesagt blieben die Worte, dass er sich wünscht, dass sie ihn nicht verlässt; sie verstand seine Botschaft trotzdem. Sie würde ihn nicht verlassen, sie will ihn nicht verlassen.

Sie weiß, dass er nicht in der Lage und nicht willens ist, die Dinge auch einmal aus ihrer Postition zu betrachten. Ihm steht nur der Blick durch seine eigenen Linsen zu Verfügung. Sie nimmt die Realität an wie sie ist.

Sie weint etwas. Zeitgleich ist sie überhaupt nicht traurig.

Vor der Hütte strahlt die Sonne. Hell und gleichzeitig schwach, auch am Mittag ist der Rauhreif noch nicht geschmolzen. Die Gräser und Kräuter werden von einer filigranen Aura aus Eiskristallen umgeben. Trotz der Kälte reißt sie Türen und Fenster auf und heißt den Winter willkommen, genau wie das Leben.

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