Samstag, 28. Juli 2018
nichts
Durchdringende Hitze lähmt den Sommer. Sie stählt ihren Körper, langsam die Alterung annehmend, findet Linderung auf ihren langen Touren. Die Natur verschluckt sie, sie wird zum Teil von ihr, verliert sich darin und erfährt gleichzeitig Geborgenheit und Anker.

Seine letzte Nachricht liegt ungelesen auf der schweren Küchenplatte herum. Nichts lässt er ihr, nichts, keinen Kontakt, nicht den kleinsten Fitzel, nur Unpersönlichkeit und Leere.

Sie wird sich abfinden müssen.

Sie weiß es ja schon lang.

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Mittwoch, 11. Juli 2018
keine Schmerzen
Heute morgen ist er ganz weg.

Es geht ihr ganz gut.

Unsicher tappt sie durch die leeren Räume ihrer Seele und probiert hier und dort aus, ob es weh tut - nichts.

Vorichtig lächelt sie ein kleines Lächeln.

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Montag, 9. Juli 2018
verloren
Nirgendwo kann sie sich öffnen, kaum vor sich selbst. Über Tag kann sie es verstecken, ignorieren, so tun, als ob nichts wäre. Abends eilt sie nach Hause, und die Schmerzen drängen nach außen.

Sie weint, nimmt sich einen scharfen Trunk aus dem Regal, versucht, sich zu betäuben.

Sie ist verloren.

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Sonntag, 8. Juli 2018
auf ihrem Weg
Bis tief in die Nacht war sie unterwegs gewesen. Die lange Tour hat ihr sehr gut getan, sie spürt deutlich ihre Sehnsucht nach dem Wandern, nach der Natur, nach der Ferne. Vielleicht wird sie doch eines Tages losgehen, die Hütte zurücklassend, die einsame Hütte, ohne Wölfin, ohne Füchsin, alles zurücklassend.

Auf ihrem Weg meidet sie die Menschen, umrundet respektvoll die Tiere, beobachtet, lässt die Gedanken mitwandern, Schritt für Schritt, weitausholend, mit riesiger Freude an der Bewegung, an dem Wunderapparat ihres Körpers, an seiner Gesundheit.

Als der schmale Pfad endet, stiefelt sie weiter, durch das mannshohe Gras; Brennesseln verbrennen ihre bloßen Waden, Disteln ritzen ihre Haut auf.
Einmal überquert sie eine kleine Brücke, die komplett überspannt ist von Spinnennetzen, in denen kapitale schwarze Achtbeinerinnen sitzen; sie schaudert's. Kaum blickt sie nach oben und eilt hinüber. Bereits gemähte Wiesen erleichtern ihren Gang. Sie orientiert sich an dem roten Schein der bereits untergegangenen Sonne, am hell strahlenden Abendstern und an dem Lauf eines Flüsschens. Zu dem will sie sich wieder wenden am Ende einer bereits abgeernteten Weidefläche, und trifft unvermittelt auf lagernde Männer. Sie umschleicht den Ort leise, kein knackender Ast unter ihren Füßen verrät ihre Nähe.

Spät, sehr spät erreicht sie heimische Gefilde, und ihr wird leichter ums Herz. Gespannten Schritts läuft sie dem Zuhause entgegen, dem ersehnten, nun ist sie froh, dass sie sie hat, die Hütte.

Tief und ungestört fällt sie in Schlaf, eingekuschtelt in weichste Kissen und Federn, glücklich.

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Samstag, 7. Juli 2018
es geht ihr gut
Ein herrlicher Morgen beginnt. Im Dunkel der Anderwelt wurde ihr Erholung, Leere und Fülle zugleich - Leben - zuteil. Der Tag wird von der hellsten Sonne königlich geschmückt und steht fast beiläufig da wie das Paradies selbst.

Es geht ihr gut. Ihre Gefühle hat sie sorgfältig untergepflügt, keine Schmerzen gelangen an einen Nerv. Sie hat ihn über weite Zeitstrecken vergessen. Das tut ihr sehr gut, sie erlebt Erholung und Linderung. Pläne, Freude, Ausgehen, viel Lachen - es geht ihr gut.

Sie fürchtet das neue Aufeinandertreffen. Schnell ruft sie sich zur Ordnung, versteckt die Gedanken, es wird möglicherweise gar nicht schlimm.

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Donnerstag, 5. Juli 2018
höchster Punkt
Es geht ihr gut. Sie hat ihn nicht wieder gesehen, seit dem letzten Mal, und das tut ihr gut. Die Sonne steht heiß und höchst am Himmel, gleißend, kein Dunkel lassend.

Sie hat sich alles verboten, taub, ruhig, fein.

Bald wird sie ihn wieder näher haben, ein wenig fürchtet sie den Tag. Es tut ihr gut, der Abstand.

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Montag, 2. Juli 2018
dummes Ding!
Sie hat ihn lange nicht gesehen und das tut ihr augenscheinlich gut. Andere Dinge treten in den Vordergrund, und sein Strahlen in ihrem Herzen verblasst.

Umso heftiger trifft sie seine Ansprache - die komplett unpersönlich ist.

Auch sie ist nichts besonderes unter den Wesen des Universums; auch ihre Liebe wird sich dem Diktat der Zeit beugen müssen, mag ihr Sehnen nach Geschwindigkeit oder Zähflüssigkeit verlangen.

Sie senkt den Kopf und wendet sich ärgerlich gegen ihre eigenen Tränen; dummes Ding!

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Sonntag, 1. Juli 2018
Askese
Zwar war sie in der Nacht ein paar Mal erwacht und Gedanken polterten plump durch ihr Haus, aber jedesmal war sie sofort gesegnet entschlummert und ist nun erholt - nicht frisch. Zufrieden - nicht glücklich.

Sie geht hinaus in den strahlenden Tag, dem als Hintergrundmusik ein gleichmäßiges Raunen des Waldes dient - fast wie Meeresrauschen umfängt es die Sinne aller, von Mensch und Tier. Sie erntet das erste Gemüse. Prall, grün, nahrhaft und lecker strahlen sie Gottes Früchte an und ein kleines bisschen Glück breitet sich doch in ihr aus.

Weiter hebt sie nicht ihren Blick, und sie meidet die Menschen.

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Samstag, 30. Juni 2018
müd
Ölig ockerfarbene Baumwipfel, dunkelgrüne Tannenköpfe, wie mahnende Finger schon im Schatten stehend, abkühlende Abendluft. Sie hat sich müde gearbeitet.
Später streift sie durch Wald und Flur. Es ist noch nicht Juli, das Korn liegt schon geschnitten am Boden und verströmt den warmfeuchten Geruch von feuchtem Stroh.

Letztes Jahr um diese Zeit lag sie glückserfüllt mit der Nase an seiner Haut.

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Fortgang
Frieden wabert in der Sommerhitze um die Hütte. Ihre Gedanken sind noch klebrig und zäh, ihr Körper wird nur langsam geschmeidig, und sie lässt sich die Zeit. Heißer Kaffee läuft durch die Gänge und Räume ihres Ich's und ruft und lockt alle Geister an ihren Platz.

Die Vögel erfüllen die Welt mit einen lieben und geschäftigen Grundgeräusch, das Bellen eines wohl großen Hundes weht von einem der Nachbargehöfte herüber, eine ärgerliche Amsel versucht, einen Eindringling wegzutschilpen, ein brummendes Geräusch in der Ferne lässt ahnen, dass sie nicht allein in diesem Landstrich lebt.

Sie zählt nicht mehr die Tage, und hat perfekt durchgehalten. Alle Gefühle sind komplett blockiert und weggesperrt. Nur rationale Erwägungen gelangen in ihr Gehirn, jeder Impuls von Emotionalität wird strikt unterbunden.

Heute morgen zieht sie Bilanz und sieht vorsichtig nach, ob die Liebe noch lebt.

Und das tut sie. Alles ist unverändert.

Leise schließt sie wieder die Tür, dreht den Schlüssel im Schloss und wendet sich dem Tag zu.

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Sonntag, 17. Juni 2018
Zuversicht
Tag 7.

Sie ist fest entschlossen. Kein Zucken in den Gedanken wird zugelassen.

Sie freut sich auf die Zukunft. Zuversicht liegt auf ihrem Herzen. Bald. Bald.

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Samstag, 16. Juni 2018
Tag drei, vier und fünf
Die letzten Tage hatte sie eine kleine Reise unternommen, sie war weit gereist, teilweise auf Fuhrwerken, in andere Gefilde, andere Landstriche, hatte die Tour in sich aufgenommen und genossen, immer noch mit ihm an ihrer Herzensseite.

Ihr Kind hatte sie begleitet.

Hat sich etwas verändert?
Er war mit ihren Gedanken und Gefühlen verbunden. Geschrieben hatte sie jedoch nicht, und auch sein Amulett war zuhause geblieben, tief vergraben in ihrer Schachtel.

Das ist wenigstens etwas Gutes. Etwas unwillig schaut sie auf die Entwicklung, vergleicht sie mit ihren Plänen, den Plänen für sich und ihr Leben. Das befriedet sie gleich; sie ist zufrieden mit ihrem Tun, alles war richtig. Es geht ihr nur zu langsam, und das kennt sie schon.

Sie ist entschlossen, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, will es, steht zu ihrer Entscheidung. Ihr Herz hängt noch am Alten, und das ist nichts Böses oder Schlechtes. Ohnehin kann sie es nicht (sofort) ändern.

Sie wird weitergehen. Schritt für Schritt.

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Mittwoch, 13. Juni 2018
Tag 2
Tag 2 ist geschafft.

Wie als hätte er die Veränderung ihrer Haltung erspürt, sucht er im Wald ihre Nähe, spricht sie gar an, mit einer unwichtigen Ansprache.

Sie antwortet knapp, verschiebt die Reaktion, lässt ihn stehen.

Geschafft.

...morgen früh, wenn Gott will, wirst Du wieder geweckt...

Sie ist stolz, gestärkt und gewillt für Tag 3.

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Montag, 11. Juni 2018
bereit
Der erste Tag ist geschafft. Keine Träne ist ihre Wange herabgerollt, kein Schmerz hat sie gestreift. Sie hat den Tag geschafft, und ist aufgestellt, den nächsten Tag zu schaffen.

Bereit.

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der erste Tag des Rest ihres Lebens
Direkt vor ihrem Fenster, ganz nah, fängt in aller Herrgottsfrühe ein Vogel an laut zu singen. Das Wachsein bohrt sich mit aller Macht in ihr Bewusstsein und verhindert gegen alle ihre Versuche eine Rückkehr ins Anderland.

Heute ist der erste Tag ihres restlichen Lebens. Einmal mehr war es ihr so schlecht gegangen, dass sie empfand: wenn sie überleben will, muss sie etwas ändern.

Sein Amulett hatte sie in ihre Schachtel gelegt, in der sie die Kostbarkeiten der Welt aufbewahrt; das Schächtelchen steht nun wieder hoch oben auf der Anrichte. Ein paar Briefe, die sie an ihn verfasst und nicht versendet hatte, räumte sie vom großen Eichentisch fort und legte sie sorgfältig unter einen großen Stapel Bücher, die sie äußerst selten anrührt.

Jeden Gedanken und jedes Gefühl verwehrt sie sich rigoros. Entschlossen blickt sie dem Tag ins Gesicht, bereit sich zu streiten oder zu kämpfen, sollter der sich mucken.

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Sonntag, 10. Juni 2018
Geheimnisse der Zukunft
Der herrlichste Morgen ist ihrer; ganz unspektakulär, wie ihre Liebe zu ihm, und gleichzeitig wohnt das gesamte Universum in diesen Anfängen des Tages, ruhig, vollkommen, heilend. Ein halblauter, monotoner Landregen fällt zu Boden, benetzt und labt die Erde und ihre Pflanzen. Frieden und Jungfräulichkeit liegen in der Luft. Tauben singen die Melodie des Sommers, die meisten Vögel haben sich zurückgezogen in den nahen Wald und zwitschern aus den geschützen Blätterdächern geschäftig ihre Lieder.

Sie ist angekommen in ihrem Leben. Das bedeutet aber auch ein wenig: keine Suche mehr, keine Strebsamkeit, keine Umtriebigkeit, kein im Dunkeln liegendes Ziel, keine Geheimnisse.

Alles hat sich verändert.

Es ist auch ein wenig ein Abschied. Ein Abschiedsprozess.

Etwas Paradoxes fällt ihr auf: weiß sie doch nicht, wie dieser Prozess endet, so sehr sie auch das Ende ersehnt. Sie betrachtet die Möglichkeit der Schwermütigkeit, des Langsamerwerdens, des Alterns, Dahinsiechens, Loslassens. Oh nein, lächelt ihr Ego, oh nein.

Es hat aufgehört zu regnen.

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